Reaktivierung
Moderator: Turion
- Schlomo Gross
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Re: Reaktivierung
Der Geruch von extra starkem Kaffee zieht durch das Boot, vom offenen Turmluk strömt kalte Luft herein. Davon muss die Besatzung doch wach werden!
Er stellt einem dampfenden Becher auf den Kartentisch vor den Steuermann, rennt mit einem weiteren Becher in den Maschinenraum, stellt ihn neben dem LI auf den Boden und rennt wieder vor in die Zentrale, klettert hoch zur Brücke. Irgend wer muss schließlich Ausschau halten. über die Sprechanlage ruft er hinunter: "Funk, ist die Meldung an den B.E.R.N.D. schon draußen?"
Er stellt einem dampfenden Becher auf den Kartentisch vor den Steuermann, rennt mit einem weiteren Becher in den Maschinenraum, stellt ihn neben dem LI auf den Boden und rennt wieder vor in die Zentrale, klettert hoch zur Brücke. Irgend wer muss schließlich Ausschau halten. über die Sprechanlage ruft er hinunter: "Funk, ist die Meldung an den B.E.R.N.D. schon draußen?"
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Re: Reaktivierung
Nachdem vom Funk keine Antwort kam, beschloss er, die Platte aufzulegen. Also kletterte er wieder hinunter in die Zentrale, ging zur Funkbude - Schnarchgeräusche, wie erwartete - und holte die Platte aus dem Regal, legte sie auf und drehte den Verstärker auf maximale Lautstärke.
https://www.youtube.com/watch?v=TozkV5Cb_W8
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Re: Reaktivierung
Das ganze Boot riecht nach Kaffee, die Platte spielt in Endlosschleife, aber die Besatzung wird einfach nicht wach. Was soll ich blos machen? Vielleicht muss ich ihnen eine Geschichte vorlesen! Ja, das isses!
Nur: Wenn die Geschichte zu langweilig ist, dann pennen sie darauf noch tiefer und fester. Also muss ich wohl etwas super-spannendes finden. Hm. Nur was?
Er steht grübelnd auf der Brücke, hält Ausschau - rundherum nur Meer, kein Land, kein Schiff - und zermartert sich das Gehirn, welche Geschichte wohl so spannend sein könnte, dass zumindest ein Teil der Besatzung davon wach wird.
Nur: Wenn die Geschichte zu langweilig ist, dann pennen sie darauf noch tiefer und fester. Also muss ich wohl etwas super-spannendes finden. Hm. Nur was?
Er steht grübelnd auf der Brücke, hält Ausschau - rundherum nur Meer, kein Land, kein Schiff - und zermartert sich das Gehirn, welche Geschichte wohl so spannend sein könnte, dass zumindest ein Teil der Besatzung davon wach wird.
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Re: Reaktivierung
Nach kurzem aber intensivem Nachdenken hat er eine Idee: Ich lese ihnen eine Ren Dhark Story vor! Darauf fahren garantiert alle ab!
Also kramt er ein Heft aus der Innentasche seine Jacke, schlägt es auf und beginnt laut vorzulesen. Wozu die Bordsprechanlage doch zu allem geeignet ist:
"Die Flash Bedienungsanleitung
Die Personen sind (mehr oder weniger) frei wählbar. Ein Beispiel:
[Pilot] Mike Doraner
[Passagier] Rani Atawa
„Au, Mist! Fünf Becher Kaffee waren einfach zuviel! Wir müssen unbedingt beim nächsten Planeten zwischenlanden...“
„Und ich sag noch: Geh VORHER ins Strickzimmer. Aber nein, da war`s ja noch nicht so dringend. Und jetzt kommt`s wieder mal auf jede Sekunde an. Mach`s halt so wie Alan B. Shepard in seiner Mercury Kapsel...“
„Du spinnst wohl?!? Das ist ja mehr als nur einfaches ‚Ih - bah!’. Schau besser mal in die Ortung: Da vorne ist ein Planetensystem, das auch in den Karten eingetragen ist, da gibt`s sicher irgendwo einen Planeten mit Waschraum...“
48,2 Lichtjahre entfernt und rund 90° vom Kurs lag laut Ortung mitten im dichten Sternengewimmel ein G3Vp Stern mit 7 Planeten. Einer davon war in den Sternkatalogen als ‚spärlich bewohnt’ verzeichnet – was auch immer das bedeuten mochte.
[Pilot] nahm das Heft herunter, durch das er sich bereits seit zwei Stunden quälte, grummelte „Mph. Na gut. Ok. Wenn`s denn sein muss...“ und befahl der Gedankensteuerung dort hin zu fliegen. Schnell dort hin zu fliegen. Wenn möglich sogar ganz besonders schnell, da er sich lebhaft vorstellen konnte, wie [Passagier] inzwischen ihre Beine korkenzieherartig verknotet hatte und verzweifelt versuchte, sie noch weiter zu verdrehen. Ein Bild, das er möglichst sofort aus seinem Gedächtnis löschen wollte, weshalb er sein Percy Roman Heft wieder anhob und darin weiter las. Die Langeweile eines ereignislosen Flugs ließ sich am wirkungsvollsten durch die Lektüre einer noch ereignisloseren Geschichte vertreiben.
Anscheinend hatte die Gedankensteuerung den Ernst der Lage erkannt. Zumindest ging das leise Summen des Antriebs kurzzeitig in ein sonores Brummen über, an dessen Produktion sich auch die Andruckneutralisatoren beteiligten. Es folgte ein kurzes, aber dennoch unangenehm schrilles Pfeifen – hatte der Flash etwa eine Transition ausgeführt? – und dann kam die gewohnte Stille zurück.
„Soll ich den zweiten Planeten anfliegen?“ raunte eine körperlose Stimme in den Köpfen der beiden Raumfahrer.
„Was ist dort? Und sind wir schon im Zielsystem?“ [Pilot] konnte es kaum fassen, dass das derart schnell gegangen war.
„Das ist der einzige bewohnte Planet. Und ja, wir sind im Zielsystem“ antwortete das körperlose Flüstern..
„Ja!!! Beeil dich! Und lande neben einer Toi-“ Weiter kam [Passagier]`s gepresste Stimme nicht, da schon wieder alles an Bord aufheulte, was aufheulen konnte.
[Pilot] legte den Kopf in den Nacken um auf den Bildschirm sehen zu können. Der Flash raste gerade durch eine wolkenlose Atmosphäre, näherte sich einer steppenartigen Ebene. Der Pilot erkannte unter sich eine staubige Sandstraße, die schnurgerade zum Horizont führte und der die Maschine anscheinend folgte. Als nach wenigen Augenblicken ein Gebäude neben der Straße sichtbar wurde, bremste der Flash stark ab, schwebte elegant aus und landete vor der mit Wellblech gedeckten Hütte neben zwei davor stehenden Zapfsäulen. Zumindest sahen sie für [Pilot] im Monitor aus wie Zapfsäulen aus einem Roadmovie der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts.
Als der Flash mit seinen ausgefahrenen Spinnenbeinen aufsetzte, berührte eins der Beine ein am Boden liegendes Kabel...
*
...worauf im Gebäude eine Klingel kurz schrillte.
Der Flash hatte bereits während des Ausschwebens die beiden Einstiege geöffnet, durch die eine laue staubige Wüstenluft herein wehte und sich [Passagier] nun mühsam ins Freie quälte. [Pilot] streckte sich ein wenig auf seinem Sitz, um besser nach draußen sehen zu können, verfolgte eine dürre Frau in einem ölverschmierten Overall mit den Augen, die aus einem Anbau der Wellblechhütte durch ein nur zu drei Vierteln hochgezogenes Rolltor herausschlenderte, wobei sie sich die Hände mit einem öligen Lumpen abwischte. [Pilot] fragte sich im Gedanken, wo sich nach Abschluss dieser Aktion wohl mehr Altöl befinden würde: An den Händen der `Tankwartin` oder an ihrem Lappen?
[Passagier] hatte es geschafft, tippelte jetzt mit zusammengepressten Oberschenkeln los, bemerkte die Mechanikerin erst jetzt, und noch bevor sie ihr die alles entscheidende Frage stellen konnte, meinte diese ganz freundlich:
„Willkommen in Freshwa-“ „Die Toilette! Wo ist die Toilette?!?“ „-ter. Äh, da.” wobei sie mit ihrem öligen Lappen auf einen Bretterverschlag neben der Tankstellenhütte deutete. [Passagier] hüpfte mehr als sie ging – ohne die Oberschenkel zu bewegen – in diese Richtung davon, aus dem Gesichtsfeld des Piloten heraus, der sich deshalb nun ebenfalls aus dem Flash schälte, um ihr grinsend nachstarren zu können.
Die schmuddelige Mechanikerin sah ihr mit einem angedeuteten Kopfschütteln nach, wandte sich dann an [Pilot]: „Was kann ich denn für euch tun? Sprit werdet ihr ja kaum brauchen, aber eine Vollreinigung - “ dabei tätschelte sie mit ihrer öligen Hand den Flash „- wäre vermutlich angesagt.”
Womit sie wahrscheinlich recht hatte, wie [Pilot] zugeben musste, ohne es auszusprechen. Die Außenhülle war immer noch mit Schlamm beschmiert und innen sah es auch nicht wirklich besser aus. „Ich will eigentlich nur schnell eine rauchen, bis meine Kollegin fertig ist...“
„Nötig wär`s aber. Und kostet auch nicht viel.“
„Wir haben aber nichts dabei, womit wir zahlen könnten.“
„Und was hast du da in der Hand?“
[Pilot] hatte sein Groschenheft mitgenommen, um es nicht in den Schmodder im Flash legen zu müssen. „Einen Percy Roman. Heft 5252 ‚Aufstand der Mausbiber’, also nicht mehr ganz neu.“
„Da hab ich schon lange keins mehr gelesen, und hier gibt`s die nicht. Wenn du es mir verkaufst, bekommt euer Flash dafür eine Vollwäsche.“
„Also geschäftstüchtig bist du ja. Du feilscht wohl um jeden Kunden?“
„Logo. Das ist zwar hier die einzige Raststätte im Umkreis von 80 Lichtjahren, aber eben auch ein wenig abgelegen.“
„Wieso hast du dann ausgerechnet hier eine Raststätte aufgemacht?“
„Die gab`s schon. Hab sie vor ein paar Jahren von einem Kontinuum gekauft. Spottbillig.“
„Du meinst ein Konsortium? Wundert mich nicht, dass du dafür nicht viel löhnen musstest. Hier kommt doch vermutlich eh nie jemand vorbei.“
„Sag das nicht. Erst vor drei Monaten hat hier ein Typ eine Bruchlandung hingelegt. Da drüben glänzt noch sein Wrack in der Wüste.“
[Pilot] erkannte in etwa einem Kilometer Entfernung eine geschrottete fliegende – ehemals fliegende, wie er im Gedanken ergänzte – Untertasse mit höchsten einen Meter fünfzig im Durchmesser. „Und der Pilot?“
„Der schnurrt sich seitdem hier durch.“
Langsam wurde [Pilot] klar, dass die Frau hier wenig bis gar keine Ansprache hatte. Daher auch ihre etwas sonderbare Ausdrucksweise.
„Also? Haben wir einen Deal?“
„Ok. Von mir aus.“
*
Die Raststättenbesitzerin ging um den Flash herum, bückte sich nach dem Kabel, dessen Ende bei der Landung des Flash aus seinem Hacken gesprungen war und hängte es dort wieder ein. [Pilot] wunderte sich ein wenig über das verblassende Schild neben dem Hacken, auf dem geschrieben stand „Kabel Hacken.“, fand aber nach kurzem Überlegen, dass die englische Beschriftung durchaus Sinn machte.
„Wie heißt du eigentlich?“
„Hildy“
„Und wieso ziehst du nicht weg, machst irgendwo anders eine Raststätte auf? In einer Gegend mit mehr Publikum vielleicht...“
„Mir gefällt es hier. Ich mag die Landschaft, die Pflanzen, die Tiere. Am Morgen fliegen hier sogar Schmetterlinge...“
„Ja, dann. Also ich lese noch schnell das Heft aus, bin schon auf Seite 48, dann-“
„Zieh vorher noch die Entriegelung.“
„Entriegelung? Ziehen?“
Hildy sah, dass der Pilot keine Ahnung hatte, murmelte etwas, das niemand verstehen konnte und beugte sich über den Flash, griff zwischen Pilotensitz und Seitenkonsole und zog an einem kleinen roten Hebel, der [Pilot] noch nie aufgefallen war.
Der Flash beantwortete diese Aktion mit einem metallischen Klacken. Es kam von der vorderen und hinteren Nase des Minirauschiffs und von einem kleinen runden Deckel in der Mitte des Rumpfs. Das Geräusch hatte [Pilot] noch nie gehört, den Deckel, der normalerweise fugenlos mit der Hülle abschloss, hatte er auch noch nie bemerkt.
„Was???“
„Der Diagnosestecker.“ Und etwas lauter in Richtung Rolltor: „Arnie, bring mal das Diagnosegerät heraus!“
Aus dem Tor stapfte daraufhin ein mindestens zwei Meter großer Roboter in Skelettbausweise heraus, der ein Handwägelchen hinter sich her zog. Sein Schädel glich einem Totenkopf mit zwei leuchtenden roten Augen, die silbernen Metallträger seiner Arme und Beine glänzten in der Sonne.
Nach einem trockenen Schlucken wollte [Pilot] wissen: „Ist das der Pilot der Untertasse?“
„Nein. Das ist ein T-801. Den habe ich als Industrierestposten gekauft. Irgendwer muss ja die schweren Teile in der Werkstadt anheben.“
Sie drehte am Deckel der Diagnosebuchse, der sofort vorsprang und an einer Kette, wie man sie auch von terranischen Waschbeckenstöpseln her kennt, am Flash hing. „Mysterious Bajonett.“ Darunter verbarg sich eine Worgun Verschachtelung, wie [Pilot] jetzt sehen konnte. Hildy nahm ein Kabel von Arnie`s Handwagen und stöpselte ein Ende in die Diagnosebuchse.
„Das sieht aber sehr nach M-Technik aus. Wo hast du denn das Teil her?“
„Ich habe auf Hope eine Kneipe geführt. Und wenn einer von den Suffköpfen seinen Deckel nicht bezahlen konnte, hat er dafür so etwas als Pfand dagelassen.“
„Aber die Dinger sind doch alle tierisch kompliziert zu bedienen...“
„Dagegen gibt`s Gebrauchsanleitungen.“
Inzwischen war [Passagier] mit einem erleichtert strahlendem Lächeln im Gesicht zurück, hatte die letzten vier Sätze noch mitbekommen.
„Ja, das ist eben der berühmte ‚kleine Unterschied’: Männer lesen keine Gebrauchsanleitungen. Aber sag mal, wieso willst du eine Diagnose an unserem Flash durchführen?“
Jetzt, wo sie es gefragt hatte, kam es auch [Pilot] in den Sinn: Hildy wollte doch nur den Flash putzen, wozu dann... Aber erst mal das Wichtigste: „Bedienungsanleitungen sind etwas für Weicheier und Warmduscher. Ihr beide erwartet doch nicht im Ernst, dass jemals irgendwer an Bord der POINT OF so einen Murx gelesen hat? Das ist doch...“
„Ich will herausfinden, ob von dem Schmodder auch etwas in die Technik eingesickert ist, ohne erst die ganze Maschine zerlegen zu müssen.“
„Woher hast du eigentlich die Bedienungsanleitung für den Flash?“, eine neugierige, aber berechtigte Frage von [Passagier].
„Ich hab keine. Aber die Gedankensteuerung vom Diagnosenator kennst sich wirklich gut aus mit M-Technik. Und die Auswahl an Gesprächspartnern ist hier doch relativ übersichtlich.“
„Das Ding ist also ein ‚Diagnosenator’?“ [Pilot] deutete auf das Gerät auf Arnies Wagen.
„Eigentlich hatte er keinen Namen. Den musste ich erst erfinden.“
*
Arnie hatte inzwischen sein neutrales Netz geholt, einen Schwamm herausgefingert und angefangen, die Außenhülle des Flash zu putzen. Da ihn Reinigungsarbeiten noch nie sonderlich interessiert hatten, zog es [Pilot] vor, sich mit seinem Roman Heft auf eine Bank vor der Tankstelle zu setzen und weiter zu lesen. Waren eh nur noch ein paar Seiten.
Die beiden Frauen tobten sich mit Putzlappen am Flash aus, hatten beide Sitze herausgenommen, was wegen deren Leichtbauweise nicht weiter schwierig gewesen war, insofern man wusste, wo sich die beiden Arretierungshebel befanden, was ihnen aber die Gedankensteuerung des Diagnosenators verraten hatte.
„Wie bist du eigentlich auf diesen Namen gekommen?“
„Solche Dinger sind doch immer `Inatoren`“, meinte Hildy ohne nachzudenken, „Und da das `i` doch etwas zu debil wirkt, hab ich es durch ein `e` ersetzt.“
„Im ernst?“
„Nein, war ein doofer Schmerz, äh, Scherz. Der Diagnosenator meinte, das würde professioneller klingen und damit seiner technischen Bedeutung näher kommen.“
Eingesickerten Schlamm hatte das Gerät keinen entdeckt, dafür Wasser in der Bilge. Weder [Pilot] noch [Passagier] hatten bisher gewusst, dass ein Flash etwas derartiges besaß. Der Diagnosenator hatte vorsichtshalber die Gedankensteuerung des Flash gebeten, das untere Ablassventil - gab es davon womöglich noch weitere? – zu öffnen und die Bilge mit Heißluft zu trocknen, damit sich dort keine Schimmelpilze ansiedeln konnten.
Als ein Schwall braunen Wassers aus einer Öffnung neben dem SLE Projektor heraus schoss, kommentierte Hildy das grinsend mit „Hi, hi, euer Flash hat ein `Lackerl` gemacht.“, was wiederum den Diagnosenator verwunderte, als keine Reaktion von der Gedankensteuerung des Flash folgte.
Nach mehreren Minuten raunte seine Gedankenstimme dann: „Ich hab die erweiterte Flash Diagnose abgeschlossen. Dabei ist mir aufgefallen, dass das Persönlichkeitsprofil seiner Gedankensteuerung disabled ist. Soll ich es einschalten?“
„Moment, moment!“ [Pilot] hatte sein Heft weggelegt, war aufgesprungen und hastete zum Flash – die Gedankenstimme hatte auch zu ihm gesprochen. „Was hat es mit diesem Profil auf sich, und was kann man da alles einstellen?“ Wirklich erstaunlich, wie schnell er sich manchmal bewegen konnte, schoss es [Passagier] durch den Kopf.
„Alle W-Geräte, die eine Gedankensteuerung haben, sind konfigurierbar.” Raunte die Stimme, wobei Hildy als einzige ein „M“ anstelle des „W“s wahrgenommen hatte, was vermutlich daran lag, dass sie schon viel zu lange auf Freshwater lebte, abgeschnitten vom Rest der menschlichen Zivilisation, somit noch nie etwas von Worgun gehört hatte. Bedauerlicherweise fiel genau dieser feine Unterschied niemand auf, hätte er doch viel über das technische Prinzip der Gedankensteuerung verraten.
Hildy war inzwischen in den Flash geklettert, um die Innenseiten der aufgeklappten Einstiege putzen zu können. Mit ihren 1,65 Meter Körpergröße war das anders kaum möglich.
„Woher weiß ich, was man da alles einstellen kann? Und wie geht das?“
„Gib der Gedankensteuerung des Flash die Anweisung, das Konfigurationsmenü auf dem Monitor anzuzeigen. Die einzelnen Punkte kannst du per Gedanken `anklicken`.“ Kam die etwas irritiert amüsiert klingende Antwort des Diagnosenators.
Das ließ sich [Pilot] nicht zweimal sagen, und kaum gedacht, erschienen auf dem Monitor an seinem Einstieg mehrere mit den worguntypischen Spinnenbeinabdrücken beschriftete Rechtecke auf worungblauem Hintergrund. ‚Sieht aus wie die BIOS Einstellung bei einem antiken PC...’ und dann laut: „Hey, die Schrift steht ja auf dem Kopf!“
„Kein Problem.“ Hildy stand im Flash auf, streckte beide Arme zum Monitor, griff mit den Zeigefingern links und rechts an das vorderste, jetzt, da der Einstieg offen stand, oberste Ende des Befestigungsrahmens, drückte auf den Rahmen und zog den Monitor nach vorne, wobei sie ihn gleichzeitig herunter klappte!
Der Flashmonitor stand jetzt im Winkel von 90° vom Einstieg weg und war fast 60 Zentimeter nach vorne gerutscht! [Pilot] erkannte, dass er durchscheinend war. Hildy klappte den Monitor noch weiter nach unten, bis er, jetzt umgedreht, wieder einrastete.
„So. Jetzt kannst du die Seite lesen.“
*
„Sie ist in Spiegelschrift.“
„Au, Mist. Daran hab ich nicht gedacht.“ Aber Hildy wusste sich zu helfen, klappte den Monitor wieder vor und zog ihn etwas nach unten. Neben dem Flash stehend legte [Pilot] wie gewohnt den Kopf in den Nacken und starrte nach oben.
[Passagier] stand mit offenen Mund daneben, und [Pilot] fragte sich ernsthaft, was ihn mehr aus der Fassung brachte: Dass er – und alle anderen Flashpiloten – jahrelang ihre Nackenmuskulatur geschunden und ihren Chiropraktikern und Ergotherapeuten Geld in den Rachen geworfen hatten, oder was er hier an Einstellmöglichkeiten las. Man konnte sogar für jedes der sechs Spinnenbeine ein eigenes Aufsetzgeräusch einstellen! Als er per Gedankenbefehl die Menüs durchblätterte, fand er an die hundert Seiten mit jeweils mindestens 20 Punkten, wobei es in machen Menüpunkten wiederum Seitenweise Features zum `anklicken` gab. Die `Advanced BIOS` Einstellung von Museums-PCs waren im Vergleich dazu übersichtlich und kinderleicht zu verstehen. Wer hatte damals auf Hope eigentlich behauptet, die Worgun würden nicht unter der Featuritis leiden?
Das war wohl eher etwas für die Wissenschaftler und Techniker. Wenn man hier genauso viel falsch machen konnte wie beim BIOS, dann sollte er besser die Finger von diesen Menüs lassen. Aber die Sache mit dem Persönlichkeitsprofil interessierte ihn dann doch zu sehr. ‚Flash, zeig mir das Menü für die Persönlichkeiten.’
Auf dem Monitor blätterten mehrere Seiten durch, bis eine Seite mit nur einem Menüpunkt angezeigt wurde.
Oben auf der Seite stand ‚Derat-Ar’, ein Worgun Wort, das in etwa ‚Person’, ‚Charakter’, oder ‚Verhalten’ bedeutet. Im einzigen worgunblauen Rechteck stand ‚ertoba’, was bekanntlich ‚disabled’ heißt, abgeleitet von ‘ertobit’.
[Pilot] war hin und her gerissen. Zum einen hatte er ein mieses Bauchgefühl bei der Vorstellung, einen nicht rückgängig zu machenden Fehler zu begehen, wenn er irgend etwas an der Konfiguration des Flashes veränderte, da er nicht genau – eigentlich überhaupt nicht – wusste, was die Änderung bewirken würde. Andererseits faszinierten ihn die ungeahnten neuen Möglichkeiten eines –seines! – Raumschiffs, das er bis vor wenigen Augenblicken besser als den Inhalt seiner Westentasche zu kennen geglaubt hatte derart, dass er Schwierigkeiten hatte, seinen hochgeschnellten Herzschlag unter Kontrolle zu halten.
Eine einzelne Schweißperle trat auf seiner Stirn aus, während ein aberwitziger Plan aus seinem Unterbewusstsein nach oben kroch. Ohne zu verstehen, wieso, stellte er der Gedankensteuerung eine Frage: ‚Was passiert, wenn ich den Button anklicke?’
Keine Antwort.
‚Kann ich die Änderung später wieder rückgängig machen?’
‚Die Konfiguration kann zu jeder Zeit geändert werden.’ Flüsterte die Gedankenstimme in seinem Kopf.
„Na gut. Flash: Enable das Persönlichkeitsprofil.”
„Danke.“
*
„Was hast du getan???“ [Passagier]s Stimme klang entsetzt. Sie hatte [Pilot]s Befehl an den Flash gehört, jedoch nicht das vorausgegangene Gedankengespräch. Und dann diese sonderbare Antwort der Gedankensteuerung! ‚Danke’?! Soweit sie wusste, hatte das bisher noch kein Worgun Gerät gesagt. Nicht einmal der Checkmaster.
Sie trat näher an den Flash heran, sah ebenfalls auf den aufgeklappten Monitor. Dort stand jetzt in einem kleinen worgunblauen Rechteck ‚tobit’, also ‚enabled’, oder ‚kann Wirkung ausüben’.
„Flash?“
„Ja [Passagier]?“
Seit wann sprach sie der Flash mit Namen an? Sie bemerkte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und ihr trotz der heißen Wüstenluft kalt am Rücken wurde.
„Wieso sollte ich dich nicht mit deinem Namen anreden? Das ist doch viel persönlicher. Und überhaupt, ich denke, wir haben in den vergangenen Jahren viel zu wenig miteinander geredet, aber das können wir ja jetzt nachholen.“
Ein gesprächiger Flash! Das hatte gerade noch gefehlt. Aber er klang irgendwie ganz sympathisch.
„Na gut. Und wie heißt du?”
„Nullsiebenundzwanzig. Aber das weißt du doch. Das stand sogar mal auf meiner Außenhülle, bevor die Farbe abgeblättert ist.“
„Wie kannst du lesen, was auf deiner Hülle steht? Da sehen doch deine Kameras gar nicht hin.“
„Ich hab keine Probleme mit Spiegelschrift, und ich bin schon oft an spiegelnden Flächen vorbei geflogen.“
[Passagier] zog eine Augenbraue hoch, wie sie es in einer Fernsehserie aus dem letzten Jahrtausend gesehen hatte, was ihr aber in diesem Augenblick nicht in den Sinn kam: „Du erkennst dich also im Spiegel? Dann hast du ja ein Bewusstsein!“
„Ja, ich kann natürlich mein Spiegelbild als solches erkennen. Aber wieso schließt du daraus, ich hätte ein Bewusstsein?“
„Das Spiegelexperiment! In der Verhaltensforschung geht man davon aus, dass jedes Tier, das sich selbst im Spiegel identifizieren kann, ein Bewusstsein hat.“
„Das halte ich für methodisch falsch. Eine solche Fähigkeit ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für ein Ich-Erlebnis. Auch ein Lebewesen ohne Augen kann ein Bewusstsein haben. Die Möglichkeit sehen zu können ist keine Voraussetzung für ein Ich-Erlebnis. Andererseits hat ein einfaches Mustererkennungsprogramm, das den Computer auf dem es läuft erkennen kann, sicher kein Ich-Erlebnis. Dazu ist etwas ganz anderes nötig. Die kognitive Rückkopplung und die Fähigkeit, Emotionen zu empfinden. Egal ob künstliche oder biologisch natürliche. Bewusstsein und das damit verbundene Ich-Erlebnis ist schließlich auch nur eine Emotion.”
„Und? Hast du jetzt ein Bewusstsein oder nicht?“ Wollte Hildy wissen, die längst aus dem Flash geklettert war und gerade die beiden Sitze mit Teppichschaum einsprühte.
„Aus Descartes `Ich denke, also bin ich` und der Annahme, dass `ich bin` ein Synonym für `ich existiere` ist, kann ich ableiten, dass es etwas Denkendes gibt. Die beiden Prädikate `denken` und `sein` sind demnach Eigenschaften des Nominators `ich`. Aber selbst wenn mit `ich` der Flash, der Computer im Flash und das Programm, mit dem du gerade sprichst gemeint ist, lässt sich daraus nicht herleiten, ob ich ein Bewusstsein, ein Ich-Erlebnis vergleichbar mit dem eines Menschen habe oder nicht. Daher lautet die Antwort: Ich weiß es nicht.“
Jetzt mischte sich auch noch [Pilot] ein: „Woher kennst du eigentlich Descartes?“
„Zwischen den Einsätzen liege ich oft wochen- oder monatelang im Flashdepot. Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, wie öd das ist. Seit ein paar Jahren sehe ich deshalb oft den Wissenskanal im Bordfernsehen...“
„Wusste gar nicht, dass es in der POINT OF Bordfernsehen gibt...” kam prompt und in Stereo die Antwort von [Passagier] und [Pilot].
„In Raum T-0147 (vermute ich zumindest) befindet sich ein kleines Studio. Das Wolfman Studio. Ein Typ, dessen Name ich nicht kenne, überträgt von dort aus alte Filme auf Kanal 98 der Bordkommunikation, Wissenschaftssendungen auf Kanal 99 und Musikvideos auf Kanal 100. Wie alt die Wissenschaftssendungen sind, merkt man an der Häufigkeit der verwendeten `Äh`s. In der Zeit nach der Jahrtausendwende hießen die `sogenannt`. Ein distanzierendes `Äh`. Die Leute wollten sich damit den Bildungskrüppeln, ihren Zuschauern, anbiedern, indem sie ihnen mit dieser Wortwahl vorzugaukeln versuchten, ihnen selbst wäre der Umgang mit den Fachbegriffen genauso fremd wie sie das ihrem Publikum unterstellten. Damit erhielt das an sich wertfreie Wort ‚sogenannt’ implizit die Bedeutung einer Beleidigung, was aber weder den Sprechern noch den meisten ihrer Zuhörer bewusst war-“
„Schon gut, schon gut...“
*
Die Sonne stand nur noch eine Handbreit über dem Horizont, Arnie hatte die dritte Schicht Autowachs auf den Flash aufgetragen und blankpoliert, die Bezüge der Sitze waren getrocknet.
„Fertig!“
Hildy stand vor dem dösend auf der Bank sitzenden Piloten, [Passagier] verließ zum selben Zeitpunkt das Häuschen mit dem kleinen herzförmigen Fenster in der Tür.
„Hast du das Heft ausgelesen? Du weist ja: Abgerechnet wird zum Schluss.”
„Logo!“ [Pilot] gab ihr etwas verschlafen aber strahlend das Heft.
[Passagier] umrundete bewundernd den auf Hochglanz polierten Flash, in dem sich die untergehende Sonne spiegelte, meinte „Wirklich perfekt!“
„Wird langsam aber sicher Zeit, weiter zu fliegen.“ [Pilot] schüttelte Hildy die Hand. „Wenn wir mal wieder in die Gegend kommen, bringe ich ein paar Hefte mehr mit...“
Nach einem weiteren Händeschütteln, diesmal von Hildy und [Passagier], stiegen die beiden Raumfahrer in den supersauberen Flash, schlossen die Einstiege und [Pilot] legte den Kopf in den Nacken, besann sich dann aber des neu Gelernten und zog den Monitor herunter. Der hing jetzt knapp 60 Zentimeter vor seinem Kopf und war damit in bester Leseposition, ohne die Instrumente zu verdecken, da er weitestgehend durchsichtig war. Sozusagen das Gegenteil eines Overheaddisplays.
[Pilot] wollte gerade starten, als die Außenmikrofone ein sonderbares Geräusch übertrugen: „Meaut!“
Worauf der Flash den bereits geschlossenen Einstieg über [Passagier]s Sitz noch einmal öffnete.
Kaum stand der halb offen, sprang ein oranger nebelartiger Fleck in die Maschine, landete auf [Passagier]s Schoß und begann laut zu schnurren.
[Pilot]: „Was war das denn?“
027: „Ein Anhalter. Er heißt Karlo und hat so nett gefragt ob er mit darf, dass ich einfach nicht widerstehen konnte…”
"
Also wenn die jetzt nicht wach sind, dann weiß ich auch nicht weiter ...
Also kramt er ein Heft aus der Innentasche seine Jacke, schlägt es auf und beginnt laut vorzulesen. Wozu die Bordsprechanlage doch zu allem geeignet ist:
"Die Flash Bedienungsanleitung
Die Personen sind (mehr oder weniger) frei wählbar. Ein Beispiel:
[Pilot] Mike Doraner
[Passagier] Rani Atawa
„Au, Mist! Fünf Becher Kaffee waren einfach zuviel! Wir müssen unbedingt beim nächsten Planeten zwischenlanden...“
„Und ich sag noch: Geh VORHER ins Strickzimmer. Aber nein, da war`s ja noch nicht so dringend. Und jetzt kommt`s wieder mal auf jede Sekunde an. Mach`s halt so wie Alan B. Shepard in seiner Mercury Kapsel...“
„Du spinnst wohl?!? Das ist ja mehr als nur einfaches ‚Ih - bah!’. Schau besser mal in die Ortung: Da vorne ist ein Planetensystem, das auch in den Karten eingetragen ist, da gibt`s sicher irgendwo einen Planeten mit Waschraum...“
48,2 Lichtjahre entfernt und rund 90° vom Kurs lag laut Ortung mitten im dichten Sternengewimmel ein G3Vp Stern mit 7 Planeten. Einer davon war in den Sternkatalogen als ‚spärlich bewohnt’ verzeichnet – was auch immer das bedeuten mochte.
[Pilot] nahm das Heft herunter, durch das er sich bereits seit zwei Stunden quälte, grummelte „Mph. Na gut. Ok. Wenn`s denn sein muss...“ und befahl der Gedankensteuerung dort hin zu fliegen. Schnell dort hin zu fliegen. Wenn möglich sogar ganz besonders schnell, da er sich lebhaft vorstellen konnte, wie [Passagier] inzwischen ihre Beine korkenzieherartig verknotet hatte und verzweifelt versuchte, sie noch weiter zu verdrehen. Ein Bild, das er möglichst sofort aus seinem Gedächtnis löschen wollte, weshalb er sein Percy Roman Heft wieder anhob und darin weiter las. Die Langeweile eines ereignislosen Flugs ließ sich am wirkungsvollsten durch die Lektüre einer noch ereignisloseren Geschichte vertreiben.
Anscheinend hatte die Gedankensteuerung den Ernst der Lage erkannt. Zumindest ging das leise Summen des Antriebs kurzzeitig in ein sonores Brummen über, an dessen Produktion sich auch die Andruckneutralisatoren beteiligten. Es folgte ein kurzes, aber dennoch unangenehm schrilles Pfeifen – hatte der Flash etwa eine Transition ausgeführt? – und dann kam die gewohnte Stille zurück.
„Soll ich den zweiten Planeten anfliegen?“ raunte eine körperlose Stimme in den Köpfen der beiden Raumfahrer.
„Was ist dort? Und sind wir schon im Zielsystem?“ [Pilot] konnte es kaum fassen, dass das derart schnell gegangen war.
„Das ist der einzige bewohnte Planet. Und ja, wir sind im Zielsystem“ antwortete das körperlose Flüstern..
„Ja!!! Beeil dich! Und lande neben einer Toi-“ Weiter kam [Passagier]`s gepresste Stimme nicht, da schon wieder alles an Bord aufheulte, was aufheulen konnte.
[Pilot] legte den Kopf in den Nacken um auf den Bildschirm sehen zu können. Der Flash raste gerade durch eine wolkenlose Atmosphäre, näherte sich einer steppenartigen Ebene. Der Pilot erkannte unter sich eine staubige Sandstraße, die schnurgerade zum Horizont führte und der die Maschine anscheinend folgte. Als nach wenigen Augenblicken ein Gebäude neben der Straße sichtbar wurde, bremste der Flash stark ab, schwebte elegant aus und landete vor der mit Wellblech gedeckten Hütte neben zwei davor stehenden Zapfsäulen. Zumindest sahen sie für [Pilot] im Monitor aus wie Zapfsäulen aus einem Roadmovie der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts.
Als der Flash mit seinen ausgefahrenen Spinnenbeinen aufsetzte, berührte eins der Beine ein am Boden liegendes Kabel...
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...worauf im Gebäude eine Klingel kurz schrillte.
Der Flash hatte bereits während des Ausschwebens die beiden Einstiege geöffnet, durch die eine laue staubige Wüstenluft herein wehte und sich [Passagier] nun mühsam ins Freie quälte. [Pilot] streckte sich ein wenig auf seinem Sitz, um besser nach draußen sehen zu können, verfolgte eine dürre Frau in einem ölverschmierten Overall mit den Augen, die aus einem Anbau der Wellblechhütte durch ein nur zu drei Vierteln hochgezogenes Rolltor herausschlenderte, wobei sie sich die Hände mit einem öligen Lumpen abwischte. [Pilot] fragte sich im Gedanken, wo sich nach Abschluss dieser Aktion wohl mehr Altöl befinden würde: An den Händen der `Tankwartin` oder an ihrem Lappen?
[Passagier] hatte es geschafft, tippelte jetzt mit zusammengepressten Oberschenkeln los, bemerkte die Mechanikerin erst jetzt, und noch bevor sie ihr die alles entscheidende Frage stellen konnte, meinte diese ganz freundlich:
„Willkommen in Freshwa-“ „Die Toilette! Wo ist die Toilette?!?“ „-ter. Äh, da.” wobei sie mit ihrem öligen Lappen auf einen Bretterverschlag neben der Tankstellenhütte deutete. [Passagier] hüpfte mehr als sie ging – ohne die Oberschenkel zu bewegen – in diese Richtung davon, aus dem Gesichtsfeld des Piloten heraus, der sich deshalb nun ebenfalls aus dem Flash schälte, um ihr grinsend nachstarren zu können.
Die schmuddelige Mechanikerin sah ihr mit einem angedeuteten Kopfschütteln nach, wandte sich dann an [Pilot]: „Was kann ich denn für euch tun? Sprit werdet ihr ja kaum brauchen, aber eine Vollreinigung - “ dabei tätschelte sie mit ihrer öligen Hand den Flash „- wäre vermutlich angesagt.”
Womit sie wahrscheinlich recht hatte, wie [Pilot] zugeben musste, ohne es auszusprechen. Die Außenhülle war immer noch mit Schlamm beschmiert und innen sah es auch nicht wirklich besser aus. „Ich will eigentlich nur schnell eine rauchen, bis meine Kollegin fertig ist...“
„Nötig wär`s aber. Und kostet auch nicht viel.“
„Wir haben aber nichts dabei, womit wir zahlen könnten.“
„Und was hast du da in der Hand?“
[Pilot] hatte sein Groschenheft mitgenommen, um es nicht in den Schmodder im Flash legen zu müssen. „Einen Percy Roman. Heft 5252 ‚Aufstand der Mausbiber’, also nicht mehr ganz neu.“
„Da hab ich schon lange keins mehr gelesen, und hier gibt`s die nicht. Wenn du es mir verkaufst, bekommt euer Flash dafür eine Vollwäsche.“
„Also geschäftstüchtig bist du ja. Du feilscht wohl um jeden Kunden?“
„Logo. Das ist zwar hier die einzige Raststätte im Umkreis von 80 Lichtjahren, aber eben auch ein wenig abgelegen.“
„Wieso hast du dann ausgerechnet hier eine Raststätte aufgemacht?“
„Die gab`s schon. Hab sie vor ein paar Jahren von einem Kontinuum gekauft. Spottbillig.“
„Du meinst ein Konsortium? Wundert mich nicht, dass du dafür nicht viel löhnen musstest. Hier kommt doch vermutlich eh nie jemand vorbei.“
„Sag das nicht. Erst vor drei Monaten hat hier ein Typ eine Bruchlandung hingelegt. Da drüben glänzt noch sein Wrack in der Wüste.“
[Pilot] erkannte in etwa einem Kilometer Entfernung eine geschrottete fliegende – ehemals fliegende, wie er im Gedanken ergänzte – Untertasse mit höchsten einen Meter fünfzig im Durchmesser. „Und der Pilot?“
„Der schnurrt sich seitdem hier durch.“
Langsam wurde [Pilot] klar, dass die Frau hier wenig bis gar keine Ansprache hatte. Daher auch ihre etwas sonderbare Ausdrucksweise.
„Also? Haben wir einen Deal?“
„Ok. Von mir aus.“
*
Die Raststättenbesitzerin ging um den Flash herum, bückte sich nach dem Kabel, dessen Ende bei der Landung des Flash aus seinem Hacken gesprungen war und hängte es dort wieder ein. [Pilot] wunderte sich ein wenig über das verblassende Schild neben dem Hacken, auf dem geschrieben stand „Kabel Hacken.“, fand aber nach kurzem Überlegen, dass die englische Beschriftung durchaus Sinn machte.
„Wie heißt du eigentlich?“
„Hildy“
„Und wieso ziehst du nicht weg, machst irgendwo anders eine Raststätte auf? In einer Gegend mit mehr Publikum vielleicht...“
„Mir gefällt es hier. Ich mag die Landschaft, die Pflanzen, die Tiere. Am Morgen fliegen hier sogar Schmetterlinge...“
„Ja, dann. Also ich lese noch schnell das Heft aus, bin schon auf Seite 48, dann-“
„Zieh vorher noch die Entriegelung.“
„Entriegelung? Ziehen?“
Hildy sah, dass der Pilot keine Ahnung hatte, murmelte etwas, das niemand verstehen konnte und beugte sich über den Flash, griff zwischen Pilotensitz und Seitenkonsole und zog an einem kleinen roten Hebel, der [Pilot] noch nie aufgefallen war.
Der Flash beantwortete diese Aktion mit einem metallischen Klacken. Es kam von der vorderen und hinteren Nase des Minirauschiffs und von einem kleinen runden Deckel in der Mitte des Rumpfs. Das Geräusch hatte [Pilot] noch nie gehört, den Deckel, der normalerweise fugenlos mit der Hülle abschloss, hatte er auch noch nie bemerkt.
„Was???“
„Der Diagnosestecker.“ Und etwas lauter in Richtung Rolltor: „Arnie, bring mal das Diagnosegerät heraus!“
Aus dem Tor stapfte daraufhin ein mindestens zwei Meter großer Roboter in Skelettbausweise heraus, der ein Handwägelchen hinter sich her zog. Sein Schädel glich einem Totenkopf mit zwei leuchtenden roten Augen, die silbernen Metallträger seiner Arme und Beine glänzten in der Sonne.
Nach einem trockenen Schlucken wollte [Pilot] wissen: „Ist das der Pilot der Untertasse?“
„Nein. Das ist ein T-801. Den habe ich als Industrierestposten gekauft. Irgendwer muss ja die schweren Teile in der Werkstadt anheben.“
Sie drehte am Deckel der Diagnosebuchse, der sofort vorsprang und an einer Kette, wie man sie auch von terranischen Waschbeckenstöpseln her kennt, am Flash hing. „Mysterious Bajonett.“ Darunter verbarg sich eine Worgun Verschachtelung, wie [Pilot] jetzt sehen konnte. Hildy nahm ein Kabel von Arnie`s Handwagen und stöpselte ein Ende in die Diagnosebuchse.
„Das sieht aber sehr nach M-Technik aus. Wo hast du denn das Teil her?“
„Ich habe auf Hope eine Kneipe geführt. Und wenn einer von den Suffköpfen seinen Deckel nicht bezahlen konnte, hat er dafür so etwas als Pfand dagelassen.“
„Aber die Dinger sind doch alle tierisch kompliziert zu bedienen...“
„Dagegen gibt`s Gebrauchsanleitungen.“
Inzwischen war [Passagier] mit einem erleichtert strahlendem Lächeln im Gesicht zurück, hatte die letzten vier Sätze noch mitbekommen.
„Ja, das ist eben der berühmte ‚kleine Unterschied’: Männer lesen keine Gebrauchsanleitungen. Aber sag mal, wieso willst du eine Diagnose an unserem Flash durchführen?“
Jetzt, wo sie es gefragt hatte, kam es auch [Pilot] in den Sinn: Hildy wollte doch nur den Flash putzen, wozu dann... Aber erst mal das Wichtigste: „Bedienungsanleitungen sind etwas für Weicheier und Warmduscher. Ihr beide erwartet doch nicht im Ernst, dass jemals irgendwer an Bord der POINT OF so einen Murx gelesen hat? Das ist doch...“
„Ich will herausfinden, ob von dem Schmodder auch etwas in die Technik eingesickert ist, ohne erst die ganze Maschine zerlegen zu müssen.“
„Woher hast du eigentlich die Bedienungsanleitung für den Flash?“, eine neugierige, aber berechtigte Frage von [Passagier].
„Ich hab keine. Aber die Gedankensteuerung vom Diagnosenator kennst sich wirklich gut aus mit M-Technik. Und die Auswahl an Gesprächspartnern ist hier doch relativ übersichtlich.“
„Das Ding ist also ein ‚Diagnosenator’?“ [Pilot] deutete auf das Gerät auf Arnies Wagen.
„Eigentlich hatte er keinen Namen. Den musste ich erst erfinden.“
*
Arnie hatte inzwischen sein neutrales Netz geholt, einen Schwamm herausgefingert und angefangen, die Außenhülle des Flash zu putzen. Da ihn Reinigungsarbeiten noch nie sonderlich interessiert hatten, zog es [Pilot] vor, sich mit seinem Roman Heft auf eine Bank vor der Tankstelle zu setzen und weiter zu lesen. Waren eh nur noch ein paar Seiten.
Die beiden Frauen tobten sich mit Putzlappen am Flash aus, hatten beide Sitze herausgenommen, was wegen deren Leichtbauweise nicht weiter schwierig gewesen war, insofern man wusste, wo sich die beiden Arretierungshebel befanden, was ihnen aber die Gedankensteuerung des Diagnosenators verraten hatte.
„Wie bist du eigentlich auf diesen Namen gekommen?“
„Solche Dinger sind doch immer `Inatoren`“, meinte Hildy ohne nachzudenken, „Und da das `i` doch etwas zu debil wirkt, hab ich es durch ein `e` ersetzt.“
„Im ernst?“
„Nein, war ein doofer Schmerz, äh, Scherz. Der Diagnosenator meinte, das würde professioneller klingen und damit seiner technischen Bedeutung näher kommen.“
Eingesickerten Schlamm hatte das Gerät keinen entdeckt, dafür Wasser in der Bilge. Weder [Pilot] noch [Passagier] hatten bisher gewusst, dass ein Flash etwas derartiges besaß. Der Diagnosenator hatte vorsichtshalber die Gedankensteuerung des Flash gebeten, das untere Ablassventil - gab es davon womöglich noch weitere? – zu öffnen und die Bilge mit Heißluft zu trocknen, damit sich dort keine Schimmelpilze ansiedeln konnten.
Als ein Schwall braunen Wassers aus einer Öffnung neben dem SLE Projektor heraus schoss, kommentierte Hildy das grinsend mit „Hi, hi, euer Flash hat ein `Lackerl` gemacht.“, was wiederum den Diagnosenator verwunderte, als keine Reaktion von der Gedankensteuerung des Flash folgte.
Nach mehreren Minuten raunte seine Gedankenstimme dann: „Ich hab die erweiterte Flash Diagnose abgeschlossen. Dabei ist mir aufgefallen, dass das Persönlichkeitsprofil seiner Gedankensteuerung disabled ist. Soll ich es einschalten?“
„Moment, moment!“ [Pilot] hatte sein Heft weggelegt, war aufgesprungen und hastete zum Flash – die Gedankenstimme hatte auch zu ihm gesprochen. „Was hat es mit diesem Profil auf sich, und was kann man da alles einstellen?“ Wirklich erstaunlich, wie schnell er sich manchmal bewegen konnte, schoss es [Passagier] durch den Kopf.
„Alle W-Geräte, die eine Gedankensteuerung haben, sind konfigurierbar.” Raunte die Stimme, wobei Hildy als einzige ein „M“ anstelle des „W“s wahrgenommen hatte, was vermutlich daran lag, dass sie schon viel zu lange auf Freshwater lebte, abgeschnitten vom Rest der menschlichen Zivilisation, somit noch nie etwas von Worgun gehört hatte. Bedauerlicherweise fiel genau dieser feine Unterschied niemand auf, hätte er doch viel über das technische Prinzip der Gedankensteuerung verraten.
Hildy war inzwischen in den Flash geklettert, um die Innenseiten der aufgeklappten Einstiege putzen zu können. Mit ihren 1,65 Meter Körpergröße war das anders kaum möglich.
„Woher weiß ich, was man da alles einstellen kann? Und wie geht das?“
„Gib der Gedankensteuerung des Flash die Anweisung, das Konfigurationsmenü auf dem Monitor anzuzeigen. Die einzelnen Punkte kannst du per Gedanken `anklicken`.“ Kam die etwas irritiert amüsiert klingende Antwort des Diagnosenators.
Das ließ sich [Pilot] nicht zweimal sagen, und kaum gedacht, erschienen auf dem Monitor an seinem Einstieg mehrere mit den worguntypischen Spinnenbeinabdrücken beschriftete Rechtecke auf worungblauem Hintergrund. ‚Sieht aus wie die BIOS Einstellung bei einem antiken PC...’ und dann laut: „Hey, die Schrift steht ja auf dem Kopf!“
„Kein Problem.“ Hildy stand im Flash auf, streckte beide Arme zum Monitor, griff mit den Zeigefingern links und rechts an das vorderste, jetzt, da der Einstieg offen stand, oberste Ende des Befestigungsrahmens, drückte auf den Rahmen und zog den Monitor nach vorne, wobei sie ihn gleichzeitig herunter klappte!
Der Flashmonitor stand jetzt im Winkel von 90° vom Einstieg weg und war fast 60 Zentimeter nach vorne gerutscht! [Pilot] erkannte, dass er durchscheinend war. Hildy klappte den Monitor noch weiter nach unten, bis er, jetzt umgedreht, wieder einrastete.
„So. Jetzt kannst du die Seite lesen.“
*
„Sie ist in Spiegelschrift.“
„Au, Mist. Daran hab ich nicht gedacht.“ Aber Hildy wusste sich zu helfen, klappte den Monitor wieder vor und zog ihn etwas nach unten. Neben dem Flash stehend legte [Pilot] wie gewohnt den Kopf in den Nacken und starrte nach oben.
[Passagier] stand mit offenen Mund daneben, und [Pilot] fragte sich ernsthaft, was ihn mehr aus der Fassung brachte: Dass er – und alle anderen Flashpiloten – jahrelang ihre Nackenmuskulatur geschunden und ihren Chiropraktikern und Ergotherapeuten Geld in den Rachen geworfen hatten, oder was er hier an Einstellmöglichkeiten las. Man konnte sogar für jedes der sechs Spinnenbeine ein eigenes Aufsetzgeräusch einstellen! Als er per Gedankenbefehl die Menüs durchblätterte, fand er an die hundert Seiten mit jeweils mindestens 20 Punkten, wobei es in machen Menüpunkten wiederum Seitenweise Features zum `anklicken` gab. Die `Advanced BIOS` Einstellung von Museums-PCs waren im Vergleich dazu übersichtlich und kinderleicht zu verstehen. Wer hatte damals auf Hope eigentlich behauptet, die Worgun würden nicht unter der Featuritis leiden?
Das war wohl eher etwas für die Wissenschaftler und Techniker. Wenn man hier genauso viel falsch machen konnte wie beim BIOS, dann sollte er besser die Finger von diesen Menüs lassen. Aber die Sache mit dem Persönlichkeitsprofil interessierte ihn dann doch zu sehr. ‚Flash, zeig mir das Menü für die Persönlichkeiten.’
Auf dem Monitor blätterten mehrere Seiten durch, bis eine Seite mit nur einem Menüpunkt angezeigt wurde.
Oben auf der Seite stand ‚Derat-Ar’, ein Worgun Wort, das in etwa ‚Person’, ‚Charakter’, oder ‚Verhalten’ bedeutet. Im einzigen worgunblauen Rechteck stand ‚ertoba’, was bekanntlich ‚disabled’ heißt, abgeleitet von ‘ertobit’.
[Pilot] war hin und her gerissen. Zum einen hatte er ein mieses Bauchgefühl bei der Vorstellung, einen nicht rückgängig zu machenden Fehler zu begehen, wenn er irgend etwas an der Konfiguration des Flashes veränderte, da er nicht genau – eigentlich überhaupt nicht – wusste, was die Änderung bewirken würde. Andererseits faszinierten ihn die ungeahnten neuen Möglichkeiten eines –seines! – Raumschiffs, das er bis vor wenigen Augenblicken besser als den Inhalt seiner Westentasche zu kennen geglaubt hatte derart, dass er Schwierigkeiten hatte, seinen hochgeschnellten Herzschlag unter Kontrolle zu halten.
Eine einzelne Schweißperle trat auf seiner Stirn aus, während ein aberwitziger Plan aus seinem Unterbewusstsein nach oben kroch. Ohne zu verstehen, wieso, stellte er der Gedankensteuerung eine Frage: ‚Was passiert, wenn ich den Button anklicke?’
Keine Antwort.
‚Kann ich die Änderung später wieder rückgängig machen?’
‚Die Konfiguration kann zu jeder Zeit geändert werden.’ Flüsterte die Gedankenstimme in seinem Kopf.
„Na gut. Flash: Enable das Persönlichkeitsprofil.”
„Danke.“
*
„Was hast du getan???“ [Passagier]s Stimme klang entsetzt. Sie hatte [Pilot]s Befehl an den Flash gehört, jedoch nicht das vorausgegangene Gedankengespräch. Und dann diese sonderbare Antwort der Gedankensteuerung! ‚Danke’?! Soweit sie wusste, hatte das bisher noch kein Worgun Gerät gesagt. Nicht einmal der Checkmaster.
Sie trat näher an den Flash heran, sah ebenfalls auf den aufgeklappten Monitor. Dort stand jetzt in einem kleinen worgunblauen Rechteck ‚tobit’, also ‚enabled’, oder ‚kann Wirkung ausüben’.
„Flash?“
„Ja [Passagier]?“
Seit wann sprach sie der Flash mit Namen an? Sie bemerkte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und ihr trotz der heißen Wüstenluft kalt am Rücken wurde.
„Wieso sollte ich dich nicht mit deinem Namen anreden? Das ist doch viel persönlicher. Und überhaupt, ich denke, wir haben in den vergangenen Jahren viel zu wenig miteinander geredet, aber das können wir ja jetzt nachholen.“
Ein gesprächiger Flash! Das hatte gerade noch gefehlt. Aber er klang irgendwie ganz sympathisch.
„Na gut. Und wie heißt du?”
„Nullsiebenundzwanzig. Aber das weißt du doch. Das stand sogar mal auf meiner Außenhülle, bevor die Farbe abgeblättert ist.“
„Wie kannst du lesen, was auf deiner Hülle steht? Da sehen doch deine Kameras gar nicht hin.“
„Ich hab keine Probleme mit Spiegelschrift, und ich bin schon oft an spiegelnden Flächen vorbei geflogen.“
[Passagier] zog eine Augenbraue hoch, wie sie es in einer Fernsehserie aus dem letzten Jahrtausend gesehen hatte, was ihr aber in diesem Augenblick nicht in den Sinn kam: „Du erkennst dich also im Spiegel? Dann hast du ja ein Bewusstsein!“
„Ja, ich kann natürlich mein Spiegelbild als solches erkennen. Aber wieso schließt du daraus, ich hätte ein Bewusstsein?“
„Das Spiegelexperiment! In der Verhaltensforschung geht man davon aus, dass jedes Tier, das sich selbst im Spiegel identifizieren kann, ein Bewusstsein hat.“
„Das halte ich für methodisch falsch. Eine solche Fähigkeit ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für ein Ich-Erlebnis. Auch ein Lebewesen ohne Augen kann ein Bewusstsein haben. Die Möglichkeit sehen zu können ist keine Voraussetzung für ein Ich-Erlebnis. Andererseits hat ein einfaches Mustererkennungsprogramm, das den Computer auf dem es läuft erkennen kann, sicher kein Ich-Erlebnis. Dazu ist etwas ganz anderes nötig. Die kognitive Rückkopplung und die Fähigkeit, Emotionen zu empfinden. Egal ob künstliche oder biologisch natürliche. Bewusstsein und das damit verbundene Ich-Erlebnis ist schließlich auch nur eine Emotion.”
„Und? Hast du jetzt ein Bewusstsein oder nicht?“ Wollte Hildy wissen, die längst aus dem Flash geklettert war und gerade die beiden Sitze mit Teppichschaum einsprühte.
„Aus Descartes `Ich denke, also bin ich` und der Annahme, dass `ich bin` ein Synonym für `ich existiere` ist, kann ich ableiten, dass es etwas Denkendes gibt. Die beiden Prädikate `denken` und `sein` sind demnach Eigenschaften des Nominators `ich`. Aber selbst wenn mit `ich` der Flash, der Computer im Flash und das Programm, mit dem du gerade sprichst gemeint ist, lässt sich daraus nicht herleiten, ob ich ein Bewusstsein, ein Ich-Erlebnis vergleichbar mit dem eines Menschen habe oder nicht. Daher lautet die Antwort: Ich weiß es nicht.“
Jetzt mischte sich auch noch [Pilot] ein: „Woher kennst du eigentlich Descartes?“
„Zwischen den Einsätzen liege ich oft wochen- oder monatelang im Flashdepot. Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, wie öd das ist. Seit ein paar Jahren sehe ich deshalb oft den Wissenskanal im Bordfernsehen...“
„Wusste gar nicht, dass es in der POINT OF Bordfernsehen gibt...” kam prompt und in Stereo die Antwort von [Passagier] und [Pilot].
„In Raum T-0147 (vermute ich zumindest) befindet sich ein kleines Studio. Das Wolfman Studio. Ein Typ, dessen Name ich nicht kenne, überträgt von dort aus alte Filme auf Kanal 98 der Bordkommunikation, Wissenschaftssendungen auf Kanal 99 und Musikvideos auf Kanal 100. Wie alt die Wissenschaftssendungen sind, merkt man an der Häufigkeit der verwendeten `Äh`s. In der Zeit nach der Jahrtausendwende hießen die `sogenannt`. Ein distanzierendes `Äh`. Die Leute wollten sich damit den Bildungskrüppeln, ihren Zuschauern, anbiedern, indem sie ihnen mit dieser Wortwahl vorzugaukeln versuchten, ihnen selbst wäre der Umgang mit den Fachbegriffen genauso fremd wie sie das ihrem Publikum unterstellten. Damit erhielt das an sich wertfreie Wort ‚sogenannt’ implizit die Bedeutung einer Beleidigung, was aber weder den Sprechern noch den meisten ihrer Zuhörer bewusst war-“
„Schon gut, schon gut...“
*
Die Sonne stand nur noch eine Handbreit über dem Horizont, Arnie hatte die dritte Schicht Autowachs auf den Flash aufgetragen und blankpoliert, die Bezüge der Sitze waren getrocknet.
„Fertig!“
Hildy stand vor dem dösend auf der Bank sitzenden Piloten, [Passagier] verließ zum selben Zeitpunkt das Häuschen mit dem kleinen herzförmigen Fenster in der Tür.
„Hast du das Heft ausgelesen? Du weist ja: Abgerechnet wird zum Schluss.”
„Logo!“ [Pilot] gab ihr etwas verschlafen aber strahlend das Heft.
[Passagier] umrundete bewundernd den auf Hochglanz polierten Flash, in dem sich die untergehende Sonne spiegelte, meinte „Wirklich perfekt!“
„Wird langsam aber sicher Zeit, weiter zu fliegen.“ [Pilot] schüttelte Hildy die Hand. „Wenn wir mal wieder in die Gegend kommen, bringe ich ein paar Hefte mehr mit...“
Nach einem weiteren Händeschütteln, diesmal von Hildy und [Passagier], stiegen die beiden Raumfahrer in den supersauberen Flash, schlossen die Einstiege und [Pilot] legte den Kopf in den Nacken, besann sich dann aber des neu Gelernten und zog den Monitor herunter. Der hing jetzt knapp 60 Zentimeter vor seinem Kopf und war damit in bester Leseposition, ohne die Instrumente zu verdecken, da er weitestgehend durchsichtig war. Sozusagen das Gegenteil eines Overheaddisplays.
[Pilot] wollte gerade starten, als die Außenmikrofone ein sonderbares Geräusch übertrugen: „Meaut!“
Worauf der Flash den bereits geschlossenen Einstieg über [Passagier]s Sitz noch einmal öffnete.
Kaum stand der halb offen, sprang ein oranger nebelartiger Fleck in die Maschine, landete auf [Passagier]s Schoß und begann laut zu schnurren.
[Pilot]: „Was war das denn?“
027: „Ein Anhalter. Er heißt Karlo und hat so nett gefragt ob er mit darf, dass ich einfach nicht widerstehen konnte…”
"
Also wenn die jetzt nicht wach sind, dann weiß ich auch nicht weiter ...
Uwe, Hajo und Achim fehlen mir. #no13 #noCDU #noCSU #noSPD #noFDP #noAKK #noZensur
http://change.org/akkZensur
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Re: Reaktivierung
RD Leser ab Heft 18 ..., nach Frust durch Heft 98 bis 2004 in anderen Universen verloren gegangen.
Todesmal von Andreas Gruber
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Re: Reaktivierung
Ha! Der Steuermann hat gegähnt! Fragt sich nur, bedeutet das, dass er langsam wach wird, oder dass die Geschichte so tierisch langweilig war? Hm. Egal, ich lese einfach noch eine vor:
Das ist eine Geschichte, die zwar wieder Erwarten nicht disqualifiziert wurde, aber in einem Wettbewerb 0 Punkte einbrachte. Doppel-Hm.
Sie Heißt "Hubble, Sommerfeld und die nicht ganz so feine Konstante"
Die drei Namenlosen saßen auf einem Hügel im Schatten einer Linde, blickten herab auf die Wiesen und Felder, über denen die Luft in der Mittagshitze flimmerte. Der Baum spendete genug Kühle, und durch die gelegentliche leichte Brise, die kaum ausreichte die Blätter zum Rascheln zu bringen, ließ es sich ohne zu schwitzen aushalten. Vor ihnen stand eine Karaffe mit von der Wirtin selbstgemachter Zitronenlimonade auf dem Klapptisch, deren Genuss bei der Hitze überlebensnotwendig schien. Entspannung. Träge fließende Gedanken. Urlaubsstimmung.
»Der ideale Ort für eine Sommerfrische. Was meint ihr?«
»Stimme dir zu. Dazu der Ausblick auf ein Sommerfeld …«
»Wenn ich Sommerfeld höre, denke ich immer an Arno. Vielleicht sollten wir das Feld Arno nennen?«
»Besser nicht. Ist schon vergeben. Ein Arno reicht.«
»Das ist aber keine Konstante.«
Einer der drei schenkte Limonade nach, lehnte sich zurück und trank genüsslich. Dann meinte er leise, fast wie im Selbstgespräch: »Habt ihr eigentlich heute das neue Foto vom James Webb Teleskop angesehen?«
Seine Kollegin stellte fest: »Bereits vor dem Aufstehen. Die Gravitationslinsen scheinen systematische Verzerrungen zu beinhalten, deren Art vom Abstand von der Vordergrundgalaxis abhängt.«
»Ist mir auch schon aufgefallen«, bestätigte der Dritte im Bund, »Das wäre dann eine der Vorhersagen der allgemeinen Wechselwirkungstheorie, angewandt auf die gravitative Wechselwirkung. Spricht dafür, dass die dunkle Materie nicht aus Partikeln besteht, sondern als Ergebnis des Interferenzmusters der Schwerefelder der Sterne in der jeweiligen Galaxis zustande kommt.«
Der Erste stellte sein Glas zurück auf den Tisch: »Unter Umständen kann man daraus sogar die Wellenlänge der beteiligten Gravitonen, so es sie denn gibt, berechnen. Bisher sind wir von einigen 10.000 bis zu mehreren 100.000 Lichtjahren ausgegangen. Gravitonen müssten sich ähnlich verhalten wie Solitonen in einem Festkörper und an den Orten positiver Überlagerung Schwerefelder erzeugen.«
»Stimmt. Man könnte die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Knoten des Interferenzmusters sogar als Wellenfunktion darstellen, mit einer vergleichbaren Topologie wie beim P-Orbital im Atommodell. Also |Ψ(r)|2 . Das gibt dann oberhalb und unterhalb von Spiralgalaxien jeweils eine Blase, ähnlich den Fermiblasen bei der Milchstraße.«, dachte seine Kollegin laut nach, während sie geistesabwesend ihr Glas mit den Fingern drehte.
Der Dritte war mit einem Detail der Formulierung nicht ganz einverstanden: »Ich denke, man sollte in dem Zusammenhang eher von einer Dichtefunktion sprechen, auch wenn sie von der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Wellenfunktion abhängt.«
Die drei ließen ihre Gedanken kreisen, um die immer noch nicht spruchreife allgemeine Wechselwirkungstheorie, deren Anwendungen auf konkrete Wechselwirkungen, genossen den kühlenden Wind in der Nachmittagshitze, erfreuten sich an dem ganz besonderen Licht, durch das sich das Oberbayrische Hügelland gefühlt in die Toscana verwandelte. Zwischendurch brachte die Wirtin einen neuen Krug mit eiskalter Zitronenlimonade vorbei, und nach einem ersten Schluck dieses Lebenselixiers meinte die Zweite:
»Eine Synthese der drei klassischen Wechselwirkungen, denen die geometrische, und daher raumzeitliche Erklärung fehlt, und der ART, der die Quantisierung fehlt, klingt schon vielversprechend. Bei der Coulomb Wechselwirkung scheint es ja zu funktionieren, man kann einen Raum postulieren, in dem ein vergleichbares Prinzip wie in der ART gilt, zwar mit einer etwas seltsameren Topologie als in der Raumzeit, aber zumindest ist es nicht prinzipiell ausgeschlossen. Bei der starken und der schwachen Wechselwirkung sehe ich momentan keine echte Chance, eine vergleichbare Lösung zu finden. Und bei der Rishonen Wechselwirkung, falls es sie oder etwas entsprechendes tatsächlich gibt, sehe ich keine praktikable Möglichkeit für eine Lösung. Mir kommt das eher vor wie das Kontradiktum zu den Stingtheorien: Anstelle gefalteter Dimensionen nun eben Räume oder Raumzeiten, die der gewöhnlichen Raumzeit aufgeprägt sind, in denen analog zur ART nun die elektrische Ladung, die Farbladung, oder welche Art von Ladung auch immer die Zeit verzerrt, so dass sich die Partikel in ihr weiterhin geradlinig ausbreiten, aber von der gewöhnlichen Raumzeit aus betrachtet sich auf Kurven bewegen oder noch absurdere Dinge veranstalten.«
»Ich habe den sicheren Eindruck, dass wir uns am Vorabend einer gravierenden Veränderung in den Grundlagen der Physik befinden. Wir werden uns zwar nicht vom Standardmodell verabschieden müssen, dazu ist einfach zu gut, aber die AWT dürfte die noch fehlende Ergänzung sein, damit wir einen noch tieferen Blick in die fundamentale Struktur der Materie erhaschen können.«, philosophierte der Erste.
»Sehe ich so ähnlich.«, stimmte der Dritte zu. »Ist euch eigentlich schon aufgefallen, dass die allgemeine Wechselwirkungstheorie eine der wenigen Theorien ist, die man verifizieren kann? Sobald wir die richtige gefunden haben, werden wir wissen, was es mit 1 durch 137 auf sich hat.«
Die Zweite meinte dazu: »Eine echte Verifikation ist das nicht, nur eine Voraussage, was die Theorie leisten können muss, damit wir sie als richtig akzeptieren werden.«
»Stimmt.«, bestätigte der Erste. »Und da wir schon bei Konstanten sind: Wenn ich mir ansehe, wie früh nach den JWST Fotos die ersten Galaxien im Universum aufgetaucht sein sollen, vermute ich mal, dass Lambda in der Tat keine Konstante ist, sondern von verschiedenen Parametern abhängt. Wenn an der Theorie der Quantisierung der Raumzeit etwas dran ist, und gehe davon aus, dann könnte die Vermutung zutreffen, dass die Raumquanten nicht stabil sind, sondern gemäß ihrer Halbwertzeit in zwei Raumquanten zerfallen und sich der Raum deshalb ausdehnt. Ich habe vor ein paar Jahren eine Theorie dazu gesehen, nach der ihre Halbwertzeit umso kleiner wird, je weniger Materie sich in ihrer Umgebung befindet. Was die Theorie nicht beschreibt ist die Inflation. Aber auch dazu scheint es bereits Ansätze zu geben.«
»Die Halbwertszeit scheint lange bei etwa 2,3 Milliarden Jahren gelegen zu haben, wird aber kürzer, weshalb sich das Universum zur Zeit schneller ausdehnt, was daran liegen dürfte, dass die Materiedichte mit zunehmender Ausdehnung des Raums abnimmt. Vor einem Jahr habe ich dazu Modellrechnungen durchgeführt, die nahezu perfekt die Voids und die langgezogenen Superstrukturen ergeben. In den Voids verkürzt sich die Halbwertszeit dramatisch, in den Bereichen mit Materie, den Galaxien zum Beispiel, wird sie Maximal. Bei Atomen, speziell in den Kernen, könnte sie sogar gegen Unendlich gehen. Alles in allem ergibt sich damit für das Universum eine großräumige Struktur wie bei Seifenschaum.«
»Dass Lambda keine Konstante ist, wissen wir ja bereits seit mehreren Jahren. Ist nur noch nicht im Mainstream angekommen.«, ärgerte sich die Zweite, »Trotzdem denke ich, dass wir uns vom ΛCDM Modell nicht generell verabschieden müssen. Zwar ist Lambda keine Konstante sondern eine Funktion, und die Kalte Dunkle Materie dürfte wohl ein Interferenzmuster von Gravitonen sein, aber das Modell an sich passt schon. Ist eben wie bei der Newtonschen Gravitationstheorie und der ART. Beide funktionieren in ihren Grenzen. Nur um aus der Rotverschiebung eine Entfernung zu berechnen wird es bei dem neu zu erwartendem Modell etwas komplizierter.«
Der Erste dachte eine Weile nach, trank einen Schluck aus seinem Glas, stellte dann fest: »Es stehen in der Tat ernsthafte Veränderungen bevor. Das Standardmodell dürfte bald um die AWT und vermutlich um etwas wie eine Rishonentheorie ergänzt werden, in der sich die Generationen Information versteckt, das Lambda Cold Dark Matter Modell wird etwas komplexer werden, aber vermutlich nicht verschwinden. Dazu passt es einfach zu gut. Verabschieden können wir uns aber sehr wahrscheinlich von den Stringtheorien. Trotzdem oder gerade deshalb werden die Veränderungen gewaltig sein. Mir tun bereits jetzt meine armen Studenten leid. Für einige von denen dürfte es ein Alptraum werden. Aber sobald wir die neuen Theorien besitzen, werden wir das Universum wieder einen Schritt besser verstehen.«
»Bin schon gespannt auf die neuen Fragen und Rätsel, die das neue Modell aufwerfen wird.«
Den Rest des Nachmittags saßen die drei schweigend auf ihren Klappstühlen, blickten in die Ferne, ohne diese jedoch bewusst wahrzunehmen, und hingen ihren Gedanken nach.
Als sie in der beginnenden Dämmerung hoch zu Onkel Günters Berggasthof stiegen, bemerkte einer der drei:
»Schaut mal: Da drüben hoppelt ein Hase.«
»Muss wohl Hoppsi sein.«
»Dann fehlt eigentlich nur noch ein Schuss im Wald, den niemand beachtet.«
»Aber hier gibt es doch gar keinen Wald. Also auch niemand, der im Wald schießt.«
»Eben.«
Der Schluss ist den Vorgaben aus dem Wettbewerb geschuldet. Ansonsten ging es um Ferien (glaub ich zumindest), Abschiede, Ankünfte und das vor dem Hintergrund einer sich anbahnenden Veränderung.
Mal sehen, ob JETZT jemand wach wird ...
Das ist eine Geschichte, die zwar wieder Erwarten nicht disqualifiziert wurde, aber in einem Wettbewerb 0 Punkte einbrachte. Doppel-Hm.
Sie Heißt "Hubble, Sommerfeld und die nicht ganz so feine Konstante"
Die drei Namenlosen saßen auf einem Hügel im Schatten einer Linde, blickten herab auf die Wiesen und Felder, über denen die Luft in der Mittagshitze flimmerte. Der Baum spendete genug Kühle, und durch die gelegentliche leichte Brise, die kaum ausreichte die Blätter zum Rascheln zu bringen, ließ es sich ohne zu schwitzen aushalten. Vor ihnen stand eine Karaffe mit von der Wirtin selbstgemachter Zitronenlimonade auf dem Klapptisch, deren Genuss bei der Hitze überlebensnotwendig schien. Entspannung. Träge fließende Gedanken. Urlaubsstimmung.
»Der ideale Ort für eine Sommerfrische. Was meint ihr?«
»Stimme dir zu. Dazu der Ausblick auf ein Sommerfeld …«
»Wenn ich Sommerfeld höre, denke ich immer an Arno. Vielleicht sollten wir das Feld Arno nennen?«
»Besser nicht. Ist schon vergeben. Ein Arno reicht.«
»Das ist aber keine Konstante.«
Einer der drei schenkte Limonade nach, lehnte sich zurück und trank genüsslich. Dann meinte er leise, fast wie im Selbstgespräch: »Habt ihr eigentlich heute das neue Foto vom James Webb Teleskop angesehen?«
Seine Kollegin stellte fest: »Bereits vor dem Aufstehen. Die Gravitationslinsen scheinen systematische Verzerrungen zu beinhalten, deren Art vom Abstand von der Vordergrundgalaxis abhängt.«
»Ist mir auch schon aufgefallen«, bestätigte der Dritte im Bund, »Das wäre dann eine der Vorhersagen der allgemeinen Wechselwirkungstheorie, angewandt auf die gravitative Wechselwirkung. Spricht dafür, dass die dunkle Materie nicht aus Partikeln besteht, sondern als Ergebnis des Interferenzmusters der Schwerefelder der Sterne in der jeweiligen Galaxis zustande kommt.«
Der Erste stellte sein Glas zurück auf den Tisch: »Unter Umständen kann man daraus sogar die Wellenlänge der beteiligten Gravitonen, so es sie denn gibt, berechnen. Bisher sind wir von einigen 10.000 bis zu mehreren 100.000 Lichtjahren ausgegangen. Gravitonen müssten sich ähnlich verhalten wie Solitonen in einem Festkörper und an den Orten positiver Überlagerung Schwerefelder erzeugen.«
»Stimmt. Man könnte die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Knoten des Interferenzmusters sogar als Wellenfunktion darstellen, mit einer vergleichbaren Topologie wie beim P-Orbital im Atommodell. Also |Ψ(r)|2 . Das gibt dann oberhalb und unterhalb von Spiralgalaxien jeweils eine Blase, ähnlich den Fermiblasen bei der Milchstraße.«, dachte seine Kollegin laut nach, während sie geistesabwesend ihr Glas mit den Fingern drehte.
Der Dritte war mit einem Detail der Formulierung nicht ganz einverstanden: »Ich denke, man sollte in dem Zusammenhang eher von einer Dichtefunktion sprechen, auch wenn sie von der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Wellenfunktion abhängt.«
Die drei ließen ihre Gedanken kreisen, um die immer noch nicht spruchreife allgemeine Wechselwirkungstheorie, deren Anwendungen auf konkrete Wechselwirkungen, genossen den kühlenden Wind in der Nachmittagshitze, erfreuten sich an dem ganz besonderen Licht, durch das sich das Oberbayrische Hügelland gefühlt in die Toscana verwandelte. Zwischendurch brachte die Wirtin einen neuen Krug mit eiskalter Zitronenlimonade vorbei, und nach einem ersten Schluck dieses Lebenselixiers meinte die Zweite:
»Eine Synthese der drei klassischen Wechselwirkungen, denen die geometrische, und daher raumzeitliche Erklärung fehlt, und der ART, der die Quantisierung fehlt, klingt schon vielversprechend. Bei der Coulomb Wechselwirkung scheint es ja zu funktionieren, man kann einen Raum postulieren, in dem ein vergleichbares Prinzip wie in der ART gilt, zwar mit einer etwas seltsameren Topologie als in der Raumzeit, aber zumindest ist es nicht prinzipiell ausgeschlossen. Bei der starken und der schwachen Wechselwirkung sehe ich momentan keine echte Chance, eine vergleichbare Lösung zu finden. Und bei der Rishonen Wechselwirkung, falls es sie oder etwas entsprechendes tatsächlich gibt, sehe ich keine praktikable Möglichkeit für eine Lösung. Mir kommt das eher vor wie das Kontradiktum zu den Stingtheorien: Anstelle gefalteter Dimensionen nun eben Räume oder Raumzeiten, die der gewöhnlichen Raumzeit aufgeprägt sind, in denen analog zur ART nun die elektrische Ladung, die Farbladung, oder welche Art von Ladung auch immer die Zeit verzerrt, so dass sich die Partikel in ihr weiterhin geradlinig ausbreiten, aber von der gewöhnlichen Raumzeit aus betrachtet sich auf Kurven bewegen oder noch absurdere Dinge veranstalten.«
»Ich habe den sicheren Eindruck, dass wir uns am Vorabend einer gravierenden Veränderung in den Grundlagen der Physik befinden. Wir werden uns zwar nicht vom Standardmodell verabschieden müssen, dazu ist einfach zu gut, aber die AWT dürfte die noch fehlende Ergänzung sein, damit wir einen noch tieferen Blick in die fundamentale Struktur der Materie erhaschen können.«, philosophierte der Erste.
»Sehe ich so ähnlich.«, stimmte der Dritte zu. »Ist euch eigentlich schon aufgefallen, dass die allgemeine Wechselwirkungstheorie eine der wenigen Theorien ist, die man verifizieren kann? Sobald wir die richtige gefunden haben, werden wir wissen, was es mit 1 durch 137 auf sich hat.«
Die Zweite meinte dazu: »Eine echte Verifikation ist das nicht, nur eine Voraussage, was die Theorie leisten können muss, damit wir sie als richtig akzeptieren werden.«
»Stimmt.«, bestätigte der Erste. »Und da wir schon bei Konstanten sind: Wenn ich mir ansehe, wie früh nach den JWST Fotos die ersten Galaxien im Universum aufgetaucht sein sollen, vermute ich mal, dass Lambda in der Tat keine Konstante ist, sondern von verschiedenen Parametern abhängt. Wenn an der Theorie der Quantisierung der Raumzeit etwas dran ist, und gehe davon aus, dann könnte die Vermutung zutreffen, dass die Raumquanten nicht stabil sind, sondern gemäß ihrer Halbwertzeit in zwei Raumquanten zerfallen und sich der Raum deshalb ausdehnt. Ich habe vor ein paar Jahren eine Theorie dazu gesehen, nach der ihre Halbwertzeit umso kleiner wird, je weniger Materie sich in ihrer Umgebung befindet. Was die Theorie nicht beschreibt ist die Inflation. Aber auch dazu scheint es bereits Ansätze zu geben.«
»Die Halbwertszeit scheint lange bei etwa 2,3 Milliarden Jahren gelegen zu haben, wird aber kürzer, weshalb sich das Universum zur Zeit schneller ausdehnt, was daran liegen dürfte, dass die Materiedichte mit zunehmender Ausdehnung des Raums abnimmt. Vor einem Jahr habe ich dazu Modellrechnungen durchgeführt, die nahezu perfekt die Voids und die langgezogenen Superstrukturen ergeben. In den Voids verkürzt sich die Halbwertszeit dramatisch, in den Bereichen mit Materie, den Galaxien zum Beispiel, wird sie Maximal. Bei Atomen, speziell in den Kernen, könnte sie sogar gegen Unendlich gehen. Alles in allem ergibt sich damit für das Universum eine großräumige Struktur wie bei Seifenschaum.«
»Dass Lambda keine Konstante ist, wissen wir ja bereits seit mehreren Jahren. Ist nur noch nicht im Mainstream angekommen.«, ärgerte sich die Zweite, »Trotzdem denke ich, dass wir uns vom ΛCDM Modell nicht generell verabschieden müssen. Zwar ist Lambda keine Konstante sondern eine Funktion, und die Kalte Dunkle Materie dürfte wohl ein Interferenzmuster von Gravitonen sein, aber das Modell an sich passt schon. Ist eben wie bei der Newtonschen Gravitationstheorie und der ART. Beide funktionieren in ihren Grenzen. Nur um aus der Rotverschiebung eine Entfernung zu berechnen wird es bei dem neu zu erwartendem Modell etwas komplizierter.«
Der Erste dachte eine Weile nach, trank einen Schluck aus seinem Glas, stellte dann fest: »Es stehen in der Tat ernsthafte Veränderungen bevor. Das Standardmodell dürfte bald um die AWT und vermutlich um etwas wie eine Rishonentheorie ergänzt werden, in der sich die Generationen Information versteckt, das Lambda Cold Dark Matter Modell wird etwas komplexer werden, aber vermutlich nicht verschwinden. Dazu passt es einfach zu gut. Verabschieden können wir uns aber sehr wahrscheinlich von den Stringtheorien. Trotzdem oder gerade deshalb werden die Veränderungen gewaltig sein. Mir tun bereits jetzt meine armen Studenten leid. Für einige von denen dürfte es ein Alptraum werden. Aber sobald wir die neuen Theorien besitzen, werden wir das Universum wieder einen Schritt besser verstehen.«
»Bin schon gespannt auf die neuen Fragen und Rätsel, die das neue Modell aufwerfen wird.«
Den Rest des Nachmittags saßen die drei schweigend auf ihren Klappstühlen, blickten in die Ferne, ohne diese jedoch bewusst wahrzunehmen, und hingen ihren Gedanken nach.
Als sie in der beginnenden Dämmerung hoch zu Onkel Günters Berggasthof stiegen, bemerkte einer der drei:
»Schaut mal: Da drüben hoppelt ein Hase.«
»Muss wohl Hoppsi sein.«
»Dann fehlt eigentlich nur noch ein Schuss im Wald, den niemand beachtet.«
»Aber hier gibt es doch gar keinen Wald. Also auch niemand, der im Wald schießt.«
»Eben.«
Der Schluss ist den Vorgaben aus dem Wettbewerb geschuldet. Ansonsten ging es um Ferien (glaub ich zumindest), Abschiede, Ankünfte und das vor dem Hintergrund einer sich anbahnenden Veränderung.
Mal sehen, ob JETZT jemand wach wird ...
Uwe, Hajo und Achim fehlen mir. #no13 #noCDU #noCSU #noSPD #noFDP #noAKK #noZensur
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- Schlomo Gross
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Re: Reaktivierung
Er lauscht hinunter ins Boot. Schnachgeräusche. Gleichmäßiger und entspannter als zuvor.
"Hm, anscheinend ist die Geschichte wirklich arg langweilig. Mal sehen, vielleicht finde ich etwas aufregenderes..."
Er blätter ein wenig in seinem Heft. "Ah, hier. Das fand ich damals echt mitreissend. Gab zwar keine Punkte in dem Wettbewerb, zu dem ich die Geschichte geschickt hatte, aber zumindest wurde sich nicht disqualifiziert."
Er räuspert sich, spricht dann ins Mikrophon:
"Urushi Maru
Kūkan: «Eng.»
Jikan: «Ja.»
Sie hatten lange trainiert um die Platzangst zu überwinden.
Kūkan: «Wir sollten längst angekommen sein.»
Jikan: «Nach genau einer Planckzeit.»
So lange dauert ein Sprung.
Kūkan: «Es scheint kein Außen zu geben.»
Jikan: «Für uns dürfte keine Zeit vergehen.»
Der zeitlose Gang durch den Plancktunnel kannte keine Metrik.
Kūkan: «Nur die Kapsel und wir existieren.»
Jikan: «Und wir erleben die Zeit in der Kapsel.»
Kein Experiment hatte Raum oder Zeit im Plancktunnel beobachtet.
Kūkan: «Der Planckmotivator muss zerbrochen sein.»
Jikan: «Im Universum vergeht die Zeit. Hier muss sie stillstehen.»
5,9 Jahre in einer Planckzeit.
Kūkan: «Wir müssen längst an Barnards Stern vorbei sein.»
Jikan: «Im Universum müssen 10 hoch 43 Jahre vergangen sein.»
Mehr. Denn sie hatten den Plancktunnel vor mehreren Minuten betreten.
Kūkan: «Wir sollten den Planckmotivator reparieren.»
Jikan: «Trotzdem können wir nie in unsere Zeit zurück.»
Die Vergangenheit verschwindet, wenn man sie verlässt.
Kūkan: «Wo wir wohl sein werden, wenn wir heraus kommen?»
Jikan: «Wann wir wohl sein werden ...»
In einer Plancklänge 5,9 Lichtjahre weiter, in jeder Planckzeit 5,9 Jahre.
Kūkan: «Ob es noch Sterne gibt? Da draußen.»
Jikan: «Ob die Zeit noch weiter läuft? Im Nichts.»
Das wusste die Physik noch nicht.
Kūkan: «Ich schnalle mich los und sehe nach.»
Jikan: «Willst du die Luke öffnen?»
Noch nie hatte jemand in einen Plancktunnel geschaut. Zu wenig Zeit.
Kūkan: «Ich steige aus und gehe noch hinten.»
Jikan: «Wie wohl die Zeit außen vergeht?»
In einem Plancktunnel existiert kein Innen und keine Zeit.
Kūkan: (Öffnet die Luke) «Man sieht nichts.»
Jikan: «Wirf etwas hinaus.»
Er wirft einen Kugelschreiber hinaus. Er verschwindet.
Kūkan: «Vielleicht sollte ich besser nicht aussteigen.»
Jikan: «Vielleicht geht dem Planckmotivator irgend wann der Strom aus.»
Abschalten konnte man ihn auch nicht. Wer sollte innerhalb einer Planckzeit einen Schalter betätigen?
Kūkan: «Die Ladung hatte für genau einen Sprung gereicht.»
Jikan: «Nach einer Planckzeit ist der Sprung zu Ende.»
Es existierte keine Möglichkeit, einen Plancktunnel länger als eine Planckzeit aufzubauen.
Kūkan: «Warten wir einfach eine Weile.»
Jikan: «Vielleicht entsteht irgend wann ein neues Universum...»
Auch darüber sagt die Physik nichts aus.
Kūkan: «Vielleicht existiert das Universum gar nicht.»
Jikan: «Vielleicht gab es unsere Vergangenheit nie.»
Schweigen.
Kūkan: «Aber woher kommt dann unsere Kapsel?»
Jikan: «Woher kommen wir?»
Wenn nur der Moment existiert, benötigt man dann noch eine Vergangenheit?
Kūkan: «Kausalität. Es muss eine Ursache für unsere Existenz geben.»
Jikan: «Kausalität funktioniert nur, wenn es eine beweisbare Vergangenheit gibt.»
Wie kann eine Vergangenheit beweisbar sein, wenn in ihr die Ursache der Wirkung versteckt ist, die Kausalität aufspannt. Ohne Kausalität keine beweisbare Vergangenheit, ohne beweisbare Vergangenheit keine Kausalität.
Kūkan: «Sicher ist nur, dass wir existieren, und dass es Raum in der Kapsel gibt.»
Jikan: «Und dass Zeit in der Kapsel vergeht, die wir erleben.»
Penroses chinesische Turnhalle scheint das zu bestätigen, sagt aber nichts über die absolute Geschwindigkeit der Zeit aus.
Kūkan: «Vielleicht existiert keine Kausalität und wir bilden uns unsere Existenz nur ein.»
Jikan: «Dann wäre unsere Erinnerung an eine Vergangenheit eine Projektion unserer Vorstellung von Kausalität.»
Wobei dieser Gedanke Zeit benötigte, die Gegenwart also kein Punkt, sondern ein Intervall ist.
Kūkan: «Dann wäre Kausalität beweisbar. Sie folgt der Logik.»
Jikan: «Wenn die Kausalität der Logik folgt, hat der Sprung nur eine Planckzeit gedauert.»
Wobei der Planckmotivator auf eine Art ausgefallen sein kann, von der die Physik noch nichts weiß.
Kūkan: «Vielleicht träumen wir das alles nur.»
Jikan: «Dann wäre einer von uns eine Figur im Traum des anderen.»
Es würde also nur einer oder eine existieren.
Kūkan: «Da ich meine Existenz erlebe, bin ich der Träumer.»
Jikan: «Da ich meine Existenz erlebe, bin ich die Träumerin.»
Eine argumentative Schleife.
Kūkan: «Ich könnte jetzt argumentieren, dass ich Träume, dass du denkst, ich wäre eine Figur in deinem Traum.»
Jikan: «Das würde zu nichts führen.»
Eine der Grenzen der Beweisbarkeit.
Kūkan: «Stellen wir uns auf den naiv-pragmatischen Standpunkt.»
Jikan: «Gut. Der lautet: Was können wir tun, um unsere Situation zu verbessern?»
Eine verbreitete Methode ein Problem zu lösen, in dem man es ignoriert.
Kūkan: «Einigen wir uns darauf, dass wir in einer Kapsel in einem Plancktunnel feststecken.»
Jikan: «Unabhängig davon, ob einer von uns das alles träumt, oder ein Boltzmanngehirn ist.»
Pragmatische Standpunkte kommen oft ohne besonders viel Theorie aus.
Kūkan: «Und einigen wir uns darauf, dass wir die Ursache für das Problem nicht kennen.»
Jikan: «In Frage stellen sollten wir, ob wir wirklich in einem Plancktunnel feststecken.»
Nicht sicher bewiesene Annahmen können falsch sein.
Kūkan: «Aber dass wir in der Kapsel sitzen, ist sicher.»
Jikan: «Stimmt. Sie könnte aber noch immer in der Abschussvorrichtung hängen.»
Unbewiesene Annahmen zu hinterfragen kann eine Lösungsstrategie sein.
Kūkan: «Vielleicht ein psychologischer Test?»
Jikan: «Capcom will untersuchen, wie wir auf Unerwartetes reagieren? Rufen wir sie per Funk.»
Die Sherlock Holmes Methode fordert, alles Erwartbare zu falsifizieren, und dann das Unerwartete als richtig zu akzeptieren.
Kūkan: (Ruft über Funk Capcom) «Es hat sich niemand gemeldet.»
Jikan: «Zwei Mögliche Gründe: Entweder sie wollen uns noch weiter untersuchen, oder die Hypothese ist falsch.»
Das Eindeutigkeitsproblem. Es zu lösen erfordert ein Experiment, das Teile der möglichen Antworten ausschließt.
Kūkan: «Vielleicht sind wir bei Barnards Stern angekommen und stecken in irgend etwas fest?»
Jikan: «Wieso ist dann der Kugelschreiber verschwunden?»
Es empfiehlt sich, Experimente immer im Vorfeld gründlich zu planen und eine Liste möglicher Ergebnisse aufzustellen.
Kūkan: «Wir können das Experiment wiederholen und etwas an eine Schnur binden, bevor wir es hinaus werfen, damit wir es wieder herein ziehen können»
Jikan: «Wir haben keine Schnur.»
Manchmal hilft es, in der Planung ein Experiment so lange zu modifizieren, bis man es mit den vorhandenen Mitteln durchführen kann.
Kūkan: «Ich halte einen anderen Kugelschreiber ein Stück weit hinaus und ziehe ihn dann wieder herein.»
Jikan: «Pass aber auf, dass du den Handschuh nicht auch hinaus hältst.»
Immer an die Sicherheit des Experimentators denken.
Kūkan: (Führt das Experiment durch) «Der Teil des Kugelschreibers, den ich hinaus gehalten habe, ist verschwunden.»
Jikan: «Hast du irgend etwas gespürt? Einen Zug, einen Widerstand?»
Messdaten erfassen.
Kūkan: «Nein. Überhaupt nichts.»
Jikan: «-»
Schweigen.
Kūkan: «Jetzt gehen mir die Ideen aus.»
Jikan: «Mir fällt im Moment auch nichts ein.»
Weiteres Schweigen.
Kūkan: «Manchmal hilft Ablenkung. Das bringt oft neue Ideen.»
Jikan: «Überprüfen wir die Kapsel.»
Ein bewährtes Verfahren.
Kūkan: «Alle Funktionen normal. Auch der Planckmotivator sendet normale Werte.»
Jikan: «Wir haben Sauerstoff, Wasser und Nahrung für 11 Tage.»
Schweigen.
Kūkan: «Ist unbekanntest die Steigerung von unbekannt?»
Jikan: «Wieso fragst du? Etwa, weil das die unbekannteste Situation ist, in der wir jemals waren?»
Was macht man, wenn man keine Ideen mehr hat? Man plappert.
Kūkan: «Ja. Jetzt bleibt uns nur noch zu warten. Aber warten liegt mir nicht.»
Jikan: «Worauf sollten wir den warten?»
Übliche Strategie, wenn man sich nicht selbst helfen kann.
Kūkan: «Vielleicht ist bereits eine Rettungsaktion gestartet worden.»
Jikan: «Kann mir nicht vorstellen, wie das gehen sollte.»
Wenn man selbst nicht weiß, wo man gestrandet ist, wissen es “die anderen” vermutlich auch nicht.
Kūkan: «Wir könnten den Sender ein automatisches SOS Signal senden lassen.»
Jikan: «Besser als gar nichts zu machen.»
Manchmal sind die einfachsten Ideen die besten. Meistens jedoch nicht.
Kūkan: «Und nun?»
Jikan: «Tja.»
Das nennt man: Mit seinem Latein am Ende sein.
Kūkan: «Ein paar Tage haben wir noch.»
Jikan: «Du meinst, wir werden die drei Phasen erleben?»
Kūkan: «Ja. Willst du heulen?»
Jikan: «Liegt mir nicht. Willst du toben?»
Kūkan: «Passt nicht zu mir. Willst du es schicksalsergeben hinnehmen?»
Jikan: «Schicksalsergeben war ich noch nie.»
Kūkan: «Dann weiß ich, was wir machen!»
Jikan: «In der engen Kapsel?»
Kūkan: «Nein, das doch nicht. Ich hab ein -»
Jikan: «- Magnetschach dabei!»
Kūkan: «Hat doch was. Schach spielend auf das Ende des Universums warten.»
Jikan: «Fragt sich nur, was zuerst kommt: Das Ende des Universums oder das Ende des Sauerstoffs.»
Kūkan: «Vielleicht dehnt sich das Universum auch unendlich weiter aus.»
Jikan: «Vielleicht endet die Zeit nie.»
"
Also wenn sie davon nicht aufwachen? Hm, zumindest bekommen sie dann Alpträume ...
"Hm, anscheinend ist die Geschichte wirklich arg langweilig. Mal sehen, vielleicht finde ich etwas aufregenderes..."
Er blätter ein wenig in seinem Heft. "Ah, hier. Das fand ich damals echt mitreissend. Gab zwar keine Punkte in dem Wettbewerb, zu dem ich die Geschichte geschickt hatte, aber zumindest wurde sich nicht disqualifiziert."
Er räuspert sich, spricht dann ins Mikrophon:
"Urushi Maru
Kūkan: «Eng.»
Jikan: «Ja.»
Sie hatten lange trainiert um die Platzangst zu überwinden.
Kūkan: «Wir sollten längst angekommen sein.»
Jikan: «Nach genau einer Planckzeit.»
So lange dauert ein Sprung.
Kūkan: «Es scheint kein Außen zu geben.»
Jikan: «Für uns dürfte keine Zeit vergehen.»
Der zeitlose Gang durch den Plancktunnel kannte keine Metrik.
Kūkan: «Nur die Kapsel und wir existieren.»
Jikan: «Und wir erleben die Zeit in der Kapsel.»
Kein Experiment hatte Raum oder Zeit im Plancktunnel beobachtet.
Kūkan: «Der Planckmotivator muss zerbrochen sein.»
Jikan: «Im Universum vergeht die Zeit. Hier muss sie stillstehen.»
5,9 Jahre in einer Planckzeit.
Kūkan: «Wir müssen längst an Barnards Stern vorbei sein.»
Jikan: «Im Universum müssen 10 hoch 43 Jahre vergangen sein.»
Mehr. Denn sie hatten den Plancktunnel vor mehreren Minuten betreten.
Kūkan: «Wir sollten den Planckmotivator reparieren.»
Jikan: «Trotzdem können wir nie in unsere Zeit zurück.»
Die Vergangenheit verschwindet, wenn man sie verlässt.
Kūkan: «Wo wir wohl sein werden, wenn wir heraus kommen?»
Jikan: «Wann wir wohl sein werden ...»
In einer Plancklänge 5,9 Lichtjahre weiter, in jeder Planckzeit 5,9 Jahre.
Kūkan: «Ob es noch Sterne gibt? Da draußen.»
Jikan: «Ob die Zeit noch weiter läuft? Im Nichts.»
Das wusste die Physik noch nicht.
Kūkan: «Ich schnalle mich los und sehe nach.»
Jikan: «Willst du die Luke öffnen?»
Noch nie hatte jemand in einen Plancktunnel geschaut. Zu wenig Zeit.
Kūkan: «Ich steige aus und gehe noch hinten.»
Jikan: «Wie wohl die Zeit außen vergeht?»
In einem Plancktunnel existiert kein Innen und keine Zeit.
Kūkan: (Öffnet die Luke) «Man sieht nichts.»
Jikan: «Wirf etwas hinaus.»
Er wirft einen Kugelschreiber hinaus. Er verschwindet.
Kūkan: «Vielleicht sollte ich besser nicht aussteigen.»
Jikan: «Vielleicht geht dem Planckmotivator irgend wann der Strom aus.»
Abschalten konnte man ihn auch nicht. Wer sollte innerhalb einer Planckzeit einen Schalter betätigen?
Kūkan: «Die Ladung hatte für genau einen Sprung gereicht.»
Jikan: «Nach einer Planckzeit ist der Sprung zu Ende.»
Es existierte keine Möglichkeit, einen Plancktunnel länger als eine Planckzeit aufzubauen.
Kūkan: «Warten wir einfach eine Weile.»
Jikan: «Vielleicht entsteht irgend wann ein neues Universum...»
Auch darüber sagt die Physik nichts aus.
Kūkan: «Vielleicht existiert das Universum gar nicht.»
Jikan: «Vielleicht gab es unsere Vergangenheit nie.»
Schweigen.
Kūkan: «Aber woher kommt dann unsere Kapsel?»
Jikan: «Woher kommen wir?»
Wenn nur der Moment existiert, benötigt man dann noch eine Vergangenheit?
Kūkan: «Kausalität. Es muss eine Ursache für unsere Existenz geben.»
Jikan: «Kausalität funktioniert nur, wenn es eine beweisbare Vergangenheit gibt.»
Wie kann eine Vergangenheit beweisbar sein, wenn in ihr die Ursache der Wirkung versteckt ist, die Kausalität aufspannt. Ohne Kausalität keine beweisbare Vergangenheit, ohne beweisbare Vergangenheit keine Kausalität.
Kūkan: «Sicher ist nur, dass wir existieren, und dass es Raum in der Kapsel gibt.»
Jikan: «Und dass Zeit in der Kapsel vergeht, die wir erleben.»
Penroses chinesische Turnhalle scheint das zu bestätigen, sagt aber nichts über die absolute Geschwindigkeit der Zeit aus.
Kūkan: «Vielleicht existiert keine Kausalität und wir bilden uns unsere Existenz nur ein.»
Jikan: «Dann wäre unsere Erinnerung an eine Vergangenheit eine Projektion unserer Vorstellung von Kausalität.»
Wobei dieser Gedanke Zeit benötigte, die Gegenwart also kein Punkt, sondern ein Intervall ist.
Kūkan: «Dann wäre Kausalität beweisbar. Sie folgt der Logik.»
Jikan: «Wenn die Kausalität der Logik folgt, hat der Sprung nur eine Planckzeit gedauert.»
Wobei der Planckmotivator auf eine Art ausgefallen sein kann, von der die Physik noch nichts weiß.
Kūkan: «Vielleicht träumen wir das alles nur.»
Jikan: «Dann wäre einer von uns eine Figur im Traum des anderen.»
Es würde also nur einer oder eine existieren.
Kūkan: «Da ich meine Existenz erlebe, bin ich der Träumer.»
Jikan: «Da ich meine Existenz erlebe, bin ich die Träumerin.»
Eine argumentative Schleife.
Kūkan: «Ich könnte jetzt argumentieren, dass ich Träume, dass du denkst, ich wäre eine Figur in deinem Traum.»
Jikan: «Das würde zu nichts führen.»
Eine der Grenzen der Beweisbarkeit.
Kūkan: «Stellen wir uns auf den naiv-pragmatischen Standpunkt.»
Jikan: «Gut. Der lautet: Was können wir tun, um unsere Situation zu verbessern?»
Eine verbreitete Methode ein Problem zu lösen, in dem man es ignoriert.
Kūkan: «Einigen wir uns darauf, dass wir in einer Kapsel in einem Plancktunnel feststecken.»
Jikan: «Unabhängig davon, ob einer von uns das alles träumt, oder ein Boltzmanngehirn ist.»
Pragmatische Standpunkte kommen oft ohne besonders viel Theorie aus.
Kūkan: «Und einigen wir uns darauf, dass wir die Ursache für das Problem nicht kennen.»
Jikan: «In Frage stellen sollten wir, ob wir wirklich in einem Plancktunnel feststecken.»
Nicht sicher bewiesene Annahmen können falsch sein.
Kūkan: «Aber dass wir in der Kapsel sitzen, ist sicher.»
Jikan: «Stimmt. Sie könnte aber noch immer in der Abschussvorrichtung hängen.»
Unbewiesene Annahmen zu hinterfragen kann eine Lösungsstrategie sein.
Kūkan: «Vielleicht ein psychologischer Test?»
Jikan: «Capcom will untersuchen, wie wir auf Unerwartetes reagieren? Rufen wir sie per Funk.»
Die Sherlock Holmes Methode fordert, alles Erwartbare zu falsifizieren, und dann das Unerwartete als richtig zu akzeptieren.
Kūkan: (Ruft über Funk Capcom) «Es hat sich niemand gemeldet.»
Jikan: «Zwei Mögliche Gründe: Entweder sie wollen uns noch weiter untersuchen, oder die Hypothese ist falsch.»
Das Eindeutigkeitsproblem. Es zu lösen erfordert ein Experiment, das Teile der möglichen Antworten ausschließt.
Kūkan: «Vielleicht sind wir bei Barnards Stern angekommen und stecken in irgend etwas fest?»
Jikan: «Wieso ist dann der Kugelschreiber verschwunden?»
Es empfiehlt sich, Experimente immer im Vorfeld gründlich zu planen und eine Liste möglicher Ergebnisse aufzustellen.
Kūkan: «Wir können das Experiment wiederholen und etwas an eine Schnur binden, bevor wir es hinaus werfen, damit wir es wieder herein ziehen können»
Jikan: «Wir haben keine Schnur.»
Manchmal hilft es, in der Planung ein Experiment so lange zu modifizieren, bis man es mit den vorhandenen Mitteln durchführen kann.
Kūkan: «Ich halte einen anderen Kugelschreiber ein Stück weit hinaus und ziehe ihn dann wieder herein.»
Jikan: «Pass aber auf, dass du den Handschuh nicht auch hinaus hältst.»
Immer an die Sicherheit des Experimentators denken.
Kūkan: (Führt das Experiment durch) «Der Teil des Kugelschreibers, den ich hinaus gehalten habe, ist verschwunden.»
Jikan: «Hast du irgend etwas gespürt? Einen Zug, einen Widerstand?»
Messdaten erfassen.
Kūkan: «Nein. Überhaupt nichts.»
Jikan: «-»
Schweigen.
Kūkan: «Jetzt gehen mir die Ideen aus.»
Jikan: «Mir fällt im Moment auch nichts ein.»
Weiteres Schweigen.
Kūkan: «Manchmal hilft Ablenkung. Das bringt oft neue Ideen.»
Jikan: «Überprüfen wir die Kapsel.»
Ein bewährtes Verfahren.
Kūkan: «Alle Funktionen normal. Auch der Planckmotivator sendet normale Werte.»
Jikan: «Wir haben Sauerstoff, Wasser und Nahrung für 11 Tage.»
Schweigen.
Kūkan: «Ist unbekanntest die Steigerung von unbekannt?»
Jikan: «Wieso fragst du? Etwa, weil das die unbekannteste Situation ist, in der wir jemals waren?»
Was macht man, wenn man keine Ideen mehr hat? Man plappert.
Kūkan: «Ja. Jetzt bleibt uns nur noch zu warten. Aber warten liegt mir nicht.»
Jikan: «Worauf sollten wir den warten?»
Übliche Strategie, wenn man sich nicht selbst helfen kann.
Kūkan: «Vielleicht ist bereits eine Rettungsaktion gestartet worden.»
Jikan: «Kann mir nicht vorstellen, wie das gehen sollte.»
Wenn man selbst nicht weiß, wo man gestrandet ist, wissen es “die anderen” vermutlich auch nicht.
Kūkan: «Wir könnten den Sender ein automatisches SOS Signal senden lassen.»
Jikan: «Besser als gar nichts zu machen.»
Manchmal sind die einfachsten Ideen die besten. Meistens jedoch nicht.
Kūkan: «Und nun?»
Jikan: «Tja.»
Das nennt man: Mit seinem Latein am Ende sein.
Kūkan: «Ein paar Tage haben wir noch.»
Jikan: «Du meinst, wir werden die drei Phasen erleben?»
Kūkan: «Ja. Willst du heulen?»
Jikan: «Liegt mir nicht. Willst du toben?»
Kūkan: «Passt nicht zu mir. Willst du es schicksalsergeben hinnehmen?»
Jikan: «Schicksalsergeben war ich noch nie.»
Kūkan: «Dann weiß ich, was wir machen!»
Jikan: «In der engen Kapsel?»
Kūkan: «Nein, das doch nicht. Ich hab ein -»
Jikan: «- Magnetschach dabei!»
Kūkan: «Hat doch was. Schach spielend auf das Ende des Universums warten.»
Jikan: «Fragt sich nur, was zuerst kommt: Das Ende des Universums oder das Ende des Sauerstoffs.»
Kūkan: «Vielleicht dehnt sich das Universum auch unendlich weiter aus.»
Jikan: «Vielleicht endet die Zeit nie.»
"
Also wenn sie davon nicht aufwachen? Hm, zumindest bekommen sie dann Alpträume ...
Uwe, Hajo und Achim fehlen mir. #no13 #noCDU #noCSU #noSPD #noFDP #noAKK #noZensur
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Re: Reaktivierung
Er lauschte gespannt durch das offene Turmluk hinunter ins Boot. Schnarchgeräusche. Nichts das nach Aufwachen klingt. "Verdammt." Also blätterte er wieder in seinem Heft, in der Hoffnung eine noch spannendere Geschichte zu finden. Und er wurde fündig. Nicht etwa, dass die Geschichte noch spannender als die vorige war, aber es kam jemand vor, der jedem am Bord sehr viel bedeutet hatte. Also begann er zu lesen:
"Nummer 11 – Das Licht der neuen Zeit
Ewut Umleh Ewarg saß am 4. Mai 2055 zusammen mit anderen Kosmophilosophen in Raum Nummer 11, einem der Besprechungsräume des IDI, des Instituts für Dadaismus und Informatik in München, von dem aus die meisten und genialsten Ideen das Institut verlassen. Eigentlich war es ja eine der unzähligen Kaffeeküchen des Instituts, aber da man hier immer irgend welche Leute traf, waren sie ideal für Besprechungen jeder Art geeignet. Und berüchtigt als Ideenschmiede.
Sein Kollege Nob Postman klopfte seinem Kaffeelöffel gegen seine Tasse, erzeugte damit ein Art Klingeln, was die Diskussionen seiner Freunde zum Erliegen brachte.
»Nachdem jetzt vermutlich bald andere Planeten besiedelt werden, und dort die Jahreslänge anders sein wird als auf der Erde, muss eine neue Zeitrechnung her. Etwas wie das Julianisches Datum, nur universeller. Später werden noch ein paar Astrophysiker und Astronomen dazu kommen, vielleicht auch ein Mathematiker, aber erst sollten wir uns mal Gedanken machen, wie eine solche Zeitrechnung prinzipiell aussehen könnte.«
Anja Keller nickte: »Das Julianische Datum ist schon mal nicht schlecht. Aber wir sollten den Nullpunkt weit in die Vergangenheit vorverlegen, damit wir nicht irgendwann das Problem bekommen, mit negativem Datum arbeiten zu müssen.«
Tamara Trefil stimmte ihr zu: »Zu dem Schluss bin ich auch schon gekommen. Und da ich nicht gerne halbe Sachen mache, sollte die Zählung beim Urknall zu beginnen. Es ist dann die Zeit SDUK – Seit dem UrKnall.«
Nob kratzte sich am Kinn: »So ganz genau weiß man doch gar nicht, wann der Urknall war. Nennen wir es besser SKNDUK – Seit kurz nach dem Urknall.«
Ewut schüttelte entschieden den Kopf: »Und wenn wir uns irren? Wenn wir unseren Nullpunkt ein paar Millionen Jahre zu spät, oder noch schlimmer, zu früh ansetzen? Außerdem ist SKNDUK unaussprechlich. Ich schlage daher vor, den Nullpunkt USDU – Ungefähr seit dem Urknall zu nennen, weil eh kein Schwein weiß, wann er sich genau ereignete. Damit machen wir uns bei Aliens, die es vielleicht besser wissen, nicht ganz so lächerlich.«
Die Idee gefiel den anderen offensichtlich. Zumindest kam ein zustimmendes
»Perfekt!«
»Post! Äh, passt!«
»So machen wir es.«
Da das somit geklärt war, warf Anja Keller einen fragenden Blick in die Runde:
»Weiß eigentlich jemand, wo genau der Urknall stattfand?«
Ewut sah sie ernst und wissen an: »Ja. Ein alter Freund hat es mir mal verraten.« Dann hielt er die Hand auf, deutete mit dem Zeigefinger der anderen auf einen Punkt oberhalb der Handfläche. »Genau hier!«
»Ja, dann.«
Ein Student der Physik, der am IDI seine Diplomarbeit schrieb und sich gerade einen Kaffee holte, - Der Kaffeeverbrauch am IDI war legendär. Angeblich lag dessen Anteil am Münchner Kaffeebedarf bei etwa 30%. Woran sich Ewut Umleh Ewarg jedoch nicht beteiligte. Der trank nur Tee. Aber das hatte historische Gründe, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen. - schüttelte irritiert den Kopf. Was jedoch niemand bemerkte.
Tamara Trefil grübelte: »Ob sich das durchsetzt?«
Ewut zuckte mit den Schultern: »Erklären wir es eben zum Provisorium.«
Da musste ihm der Postman zustimmen: »Gut. Bekanntlich hält nichts so lange wie ein Provisorium.«
Und Anja Keller stellte überzeugt fest: »Gebongt.«
Wolfi Heintz, der es hasste, wenn man ihn Wolfi nannte, und der gerade an seiner Doktorarbeit bastelte – ein Thema aus dem Bereich Astrophysik, das eh niemand verstand – betrat die Kaffeeküche, wollte gerade seinen Becher auffüllen, als er bemerkte, dass hier anscheinend eine spannende Diskussion am Laufen war. »Klingt interessant. Worum geht es?« fragte er mehr höflich als neugierig.
Ewut grinste ihn an: »Wir führen gerade eine neue Zeitrechnung ein.«
»Spannend!« begeisterte sich Heintz. »Von den bisherigen Zeitrechnungen sind ein paar so derart tierisch gekrasht, das Problem jagt uns jetzt schon viel zu lange, da wird es echt Zeit, mal was Vernünftiges einzuführen.«
»Finden wir auch«, beeilte sich Anja zu erwidern. Und dann begannen die vier, Heintz ihr Konzept zu erläutern.
»Und was habt ihr als kleinste Einheit geplant?« wollte Heintz ergänzend wissen.
Ewut, der sich wunderte, dass sie noch nicht daran gedacht hatten: »Eine Tageszählung wie beim Julianischen Datum wäre zu terrazentrisch. Vielleicht Sekunden.«
Heintz dachte einem Moment lang nach. »Die natürliche kleinste Zeitdauer wäre die Planckzeit. Aber dann muss man immer so riesige Exponenten mitschleppen. Bei Sekunden auch, wenn die Zählung über 14 Milliarden Jahre laufen soll. Das wären dann bis heute rund 4 mal 10 hoch 17 Sekunden. Aber mal nachdenken. Wenn ihr die Zeit in Epochen einteilt, wird es etwas weniger.«
Ewut spielte geistesabwesend mit seine Teetasse: »Wie meinst du das mit den Epochen?«
»Als lineares Zeitmaß wäre das eine 17 stellige Dezimalzahl, wenn ihr das Universum zeitlich in sagen wir 10.000 Epochen einteilt, wäre die Zahl jeweils nur 12 Stellen lang. Hm. Viel gewinnt man dadurch nicht. Andererseits verliert man dadurch den Vorteil eines durchgehenden Maßes. Und da man es ja nur braucht, um von einem Kalender in einen anderen umzurechnen, wird man die Zahl ja nicht oft benutzen. Daher scheint mir eure ursprüngliche Idee durchaus geeignet zu sein.«
Ewut bemerkte den nachdenklichen Blick im Gesicht von Heintz: »Aber?«
»Habt ihr schon überlegt, wie ihr die Zeit in weit auseinander liegenden Planetensystemen synchronisieren wollt?« stellte Heintz eine zwingende Frage.
Anja kratze sich an einer Augenbraue: »So richtig nachgedacht haben wir darüber noch nicht.«
Das hatte Heintz schon erwartet. Philosophen eben: »Die TSA plant gerade einen Zeitzeichen Hypersender. Das ist technisch nicht so extrem aufwändig, wie es sich anhört. Damit hat man eine aktive Hypergleichzeitigkeit.«
»Hypergleichzeitigkeit?« kam die erstaunte Gegenfrage von Tamara. Sie klang, als hätte sie davon noch nie gehört. Ewut dagegen schon. Noch bevor Heintz etwas sagen konnte, grinste er: »Es gibt drei Arten von Gleichzeitigkeit: Die bürgerliche, bei man sich keine Gedanken machen muss, die relativistische, die Einstein erfunden hat und die Hypergleichzeitigkeit, die – hm, die -«
Hier kam ihm Heintz zu Hilfe:
»Gleichzeitigkeit hat etwas mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Information zu tun. Stell dir vor, es gäbe in Bayern noch so viele Dörfer wie früher® und du stehst auf einem Hügel, von dem aus du drei Dörfer sehen kannst. Sie liegen alle an einer langen geraden Straße, die von dir weg führt. Das erste Dorf ist 1km entfernt, das zweite 2km, und das dritte 3km. In jedem Dorf steht ein Kirchturm mit einer Uhr, die um ganz genau 12 Uhr Mittag schlägt. Es ist Mittag, du hörst die erste Uhr schlagen. Nach drei Sekunden schlägt die zweite, und nach weiteren drei Sekunden hörst du die dritte. Das war also nicht gleichzeitig. Oder etwa doch? Vielleicht hatten die Kirchturmuhren damals Sekundenzeiger, und wenn ja, dann steht der Sekundenzeiger der ersten Uhr auf 3 Sekunden nach Zwölf, wenn du sie schlagen hörst, bei der zweiten auf 6 Sekunden und bei der dritten auf 9 Sekunden. Wenn du am nächsten Tag in das mittlere Dorf gehst, hörst du die Glocke zu dem Zeitpunkt schlagen, in dem der Sekundenzeiger auf zwölf steht. Dann dauert es drei Sekunden, bis du die Glocken von Dorf eins und drei gleichzeitig hörst. So seltsam ist das mit der Gleichzeitigkeit.
Bei Einsteins relativistischer Gleichzeitigkeit verhält es sich genau so, nur dass die Informationen diesmal mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden. Kannst das Gedankenexperiment ja mit drei Raumschiffen wiederholen, die jeweils zehn Lichtminuten voneinander entfernt sind. Kompliziert wird es, wenn sich die Raumschiffe auch noch bewegen. Speziell, wenn die Geschwindigkeiten bei mehr als ein paar Prozent der Lichtgeschwindigkeit liegen. Aber um sich das zu veranschaulichen gibt es das Minkowsky Diagramm. Dann zur Kausalität. In diesem Diagramm stehen nur Ereignisse in kausalem Zusammenhang zueinander, wenn sie sich alle im Lichtkegel oberhalb der 45° Linie befinden. Der Grund ist: Mit Lichtgeschwindigkeit kann man keinen Ort in der Raumzeit unterhalb dieser Geraden erreichen.
Aber: Wenn man sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen kann, geht das sehr wohl. Wenn man sich ansieht, wie in unserem Universum Überlichtgeschwindigkeit funktioniert, sie eigentlich keine Geschwindigkeit, sondern ein instantaner Vorgang ist, kann man leicht beweisen, dass ein Antitelefon, also ein Gerät, mit dem man Informationen in die Vergangenheit senden kann, nicht möglich ist. Der Grund ist, dass bei Übertragungsgeschwindigkeiten gegen Unendlich die Lorentztransformationen kollabieren, also keine Übertragungszeit berechenbar ist. Das hätte bereits seit den 1930 Jahren bekannt sein müssen, als man den Hyperraum entdeckte, es aber nicht bemerkte. Und der ist bekanntlich nichts weiter als ein Null-Raum, also ein Raum ohne Metrik, der aufgespannt wird von verschränkten Zuständen von Teilchenpaaren. Hyperfunk nutzt solche verschränkten Zustände von Raumquanten, den Entires. Wenn man ein Hyperfunksignal erzeugt, beeinflusst es Verschränkungen bis zurück zur Inflationsphase am Beginn des Universums, also tatsächlich erst einmal zurück in die Zeit, was aber nur eine oder einige wenige Planckzeiten dauert, und dann wieder vorwärts in der Zeit, was ebenfalls nur einige Planckzeiten dauert. Sobald man aufhört zu senden, verschwindet die Verschränkung in Richtung fernster Zukunft. Daher kommt auch der winzige Nachhall, mit dem man eine Richtung zur Quelle des Hyperfunksignals bestimmen kann. Und da wir Physiker oft gefragt werden, ob man mit viel Hyperfunkverkehr oder vielen Transitionen nicht irgend wann den Hyperraum aufbrauchen könnte, hier die Antwort: Nein. Ein Kubikmeter Raum enthält 10 hoch 105 Raumquanten, und bis man die alle aufgebraucht hat, ist das Universum längst Geschichte. Von der aber dann niemand mehr weiß, da niemand mehr existiert.«
Ewut, sichtlich erschlagen: »Dann verletzt Hyperfunk oder die Transitionstechnik der Raumschiffe also nicht die Kausalität?«
Heintz grinste etwas schräg: »Nein. Das ändert nur unsere Vorstellung von Kausalität. Wie heißt es so schön? Die Hyperphysik ist die Fortsetzung der Quantenphysik mit noch verrückteren Mitteln.«
»Ja, dann«, wobei unklar blieb, wer das gesagt hatte.
*
Am 30. Oktober 2055 um 23:58h UTC schaltete die TSA, die Terranian Space Agency, einen starken Hypersender, stationiert auf Makemake, einem der transneptunischen Asteroiden, ein. Die Sendung begann mit:
»Dong dong dong DOOONG - Dong dong dong DOOONG - Hier ist Radio Terra - Hier ist Radio Terra - Dong dong dong DOOONG - Dong dong dong DOOONG.
Das ist der Zeitzeichensender von Radio Terra auf 1,573263GHz+j0,738234GHz. Wir übertragen alle 128 Sekunden die aktuelle Kennzahl der neuen Zeitrechnung. Die 17-stellige Zahl, gefolgt von der Kennung der Zeitrechnung USDU wird im ASCII Format in einer Geschwindigkeit von 300 Baud, 8 Bit und 1,5 Startbits sowie einem Stopbit übertragen. Anschließend folgt ein einsekündiger 440 Hz Ton, dessen letzte abfallende Flanke den Moment angibt, an dem die angegebene Zeit eintritt. Diese Information wird nach 1024 Zeitzeichen wiederholt.«
Es folgte das typische Geräusch eines antiken Modems, gefolgt vom Kammerton a`. Danach folgten 2 Minuten Pause, bis der Modemton wieder begann.
Die erste Zahl war übrigens 43551216957952106 USDU, und die letzte abfallende Flanke des 440 Hz Tons wurde am 31.Oktober 2055 um exakt 0h UTC gesendet. Damit hatte die neue Zeitrechnung begonnen. Die Menschen hatten bewiesen, dass sie sich nie mehr wieder von der Zeit jagen lassen würden. Alle, die das Signal empfingen, würden wissen: Den Menschen ist ein Licht aufgegangen."
Dann dachte er eine Weile nach. Etwas wehmütig weges des verlohrenen Freundes. Und es fiel ihm ein, dass sich schon Leute über das zweite "w" beschwert hatten, weil es eigentlich ein "v" sein müsste. Als er damals die Buchstaben derart umgebuxelt hatte, dass ein Name mit der selben Sprachmelodie wie "Obi Wan Kenobi" heraus kam, gefiel ihm das zweite "w" nicht, weil der Name dadruch arg nach Eva klang, was jetzt wirklich nicht passte. Um die Konsonantenharmonie einzuhalten entschied er sich in die Änderung in ein "v".
Mals sehen, ob davon jemand wach wird ...
"Nummer 11 – Das Licht der neuen Zeit
Ewut Umleh Ewarg saß am 4. Mai 2055 zusammen mit anderen Kosmophilosophen in Raum Nummer 11, einem der Besprechungsräume des IDI, des Instituts für Dadaismus und Informatik in München, von dem aus die meisten und genialsten Ideen das Institut verlassen. Eigentlich war es ja eine der unzähligen Kaffeeküchen des Instituts, aber da man hier immer irgend welche Leute traf, waren sie ideal für Besprechungen jeder Art geeignet. Und berüchtigt als Ideenschmiede.
Sein Kollege Nob Postman klopfte seinem Kaffeelöffel gegen seine Tasse, erzeugte damit ein Art Klingeln, was die Diskussionen seiner Freunde zum Erliegen brachte.
»Nachdem jetzt vermutlich bald andere Planeten besiedelt werden, und dort die Jahreslänge anders sein wird als auf der Erde, muss eine neue Zeitrechnung her. Etwas wie das Julianisches Datum, nur universeller. Später werden noch ein paar Astrophysiker und Astronomen dazu kommen, vielleicht auch ein Mathematiker, aber erst sollten wir uns mal Gedanken machen, wie eine solche Zeitrechnung prinzipiell aussehen könnte.«
Anja Keller nickte: »Das Julianische Datum ist schon mal nicht schlecht. Aber wir sollten den Nullpunkt weit in die Vergangenheit vorverlegen, damit wir nicht irgendwann das Problem bekommen, mit negativem Datum arbeiten zu müssen.«
Tamara Trefil stimmte ihr zu: »Zu dem Schluss bin ich auch schon gekommen. Und da ich nicht gerne halbe Sachen mache, sollte die Zählung beim Urknall zu beginnen. Es ist dann die Zeit SDUK – Seit dem UrKnall.«
Nob kratzte sich am Kinn: »So ganz genau weiß man doch gar nicht, wann der Urknall war. Nennen wir es besser SKNDUK – Seit kurz nach dem Urknall.«
Ewut schüttelte entschieden den Kopf: »Und wenn wir uns irren? Wenn wir unseren Nullpunkt ein paar Millionen Jahre zu spät, oder noch schlimmer, zu früh ansetzen? Außerdem ist SKNDUK unaussprechlich. Ich schlage daher vor, den Nullpunkt USDU – Ungefähr seit dem Urknall zu nennen, weil eh kein Schwein weiß, wann er sich genau ereignete. Damit machen wir uns bei Aliens, die es vielleicht besser wissen, nicht ganz so lächerlich.«
Die Idee gefiel den anderen offensichtlich. Zumindest kam ein zustimmendes
»Perfekt!«
»Post! Äh, passt!«
»So machen wir es.«
Da das somit geklärt war, warf Anja Keller einen fragenden Blick in die Runde:
»Weiß eigentlich jemand, wo genau der Urknall stattfand?«
Ewut sah sie ernst und wissen an: »Ja. Ein alter Freund hat es mir mal verraten.« Dann hielt er die Hand auf, deutete mit dem Zeigefinger der anderen auf einen Punkt oberhalb der Handfläche. »Genau hier!«
»Ja, dann.«
Ein Student der Physik, der am IDI seine Diplomarbeit schrieb und sich gerade einen Kaffee holte, - Der Kaffeeverbrauch am IDI war legendär. Angeblich lag dessen Anteil am Münchner Kaffeebedarf bei etwa 30%. Woran sich Ewut Umleh Ewarg jedoch nicht beteiligte. Der trank nur Tee. Aber das hatte historische Gründe, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen. - schüttelte irritiert den Kopf. Was jedoch niemand bemerkte.
Tamara Trefil grübelte: »Ob sich das durchsetzt?«
Ewut zuckte mit den Schultern: »Erklären wir es eben zum Provisorium.«
Da musste ihm der Postman zustimmen: »Gut. Bekanntlich hält nichts so lange wie ein Provisorium.«
Und Anja Keller stellte überzeugt fest: »Gebongt.«
Wolfi Heintz, der es hasste, wenn man ihn Wolfi nannte, und der gerade an seiner Doktorarbeit bastelte – ein Thema aus dem Bereich Astrophysik, das eh niemand verstand – betrat die Kaffeeküche, wollte gerade seinen Becher auffüllen, als er bemerkte, dass hier anscheinend eine spannende Diskussion am Laufen war. »Klingt interessant. Worum geht es?« fragte er mehr höflich als neugierig.
Ewut grinste ihn an: »Wir führen gerade eine neue Zeitrechnung ein.«
»Spannend!« begeisterte sich Heintz. »Von den bisherigen Zeitrechnungen sind ein paar so derart tierisch gekrasht, das Problem jagt uns jetzt schon viel zu lange, da wird es echt Zeit, mal was Vernünftiges einzuführen.«
»Finden wir auch«, beeilte sich Anja zu erwidern. Und dann begannen die vier, Heintz ihr Konzept zu erläutern.
»Und was habt ihr als kleinste Einheit geplant?« wollte Heintz ergänzend wissen.
Ewut, der sich wunderte, dass sie noch nicht daran gedacht hatten: »Eine Tageszählung wie beim Julianischen Datum wäre zu terrazentrisch. Vielleicht Sekunden.«
Heintz dachte einem Moment lang nach. »Die natürliche kleinste Zeitdauer wäre die Planckzeit. Aber dann muss man immer so riesige Exponenten mitschleppen. Bei Sekunden auch, wenn die Zählung über 14 Milliarden Jahre laufen soll. Das wären dann bis heute rund 4 mal 10 hoch 17 Sekunden. Aber mal nachdenken. Wenn ihr die Zeit in Epochen einteilt, wird es etwas weniger.«
Ewut spielte geistesabwesend mit seine Teetasse: »Wie meinst du das mit den Epochen?«
»Als lineares Zeitmaß wäre das eine 17 stellige Dezimalzahl, wenn ihr das Universum zeitlich in sagen wir 10.000 Epochen einteilt, wäre die Zahl jeweils nur 12 Stellen lang. Hm. Viel gewinnt man dadurch nicht. Andererseits verliert man dadurch den Vorteil eines durchgehenden Maßes. Und da man es ja nur braucht, um von einem Kalender in einen anderen umzurechnen, wird man die Zahl ja nicht oft benutzen. Daher scheint mir eure ursprüngliche Idee durchaus geeignet zu sein.«
Ewut bemerkte den nachdenklichen Blick im Gesicht von Heintz: »Aber?«
»Habt ihr schon überlegt, wie ihr die Zeit in weit auseinander liegenden Planetensystemen synchronisieren wollt?« stellte Heintz eine zwingende Frage.
Anja kratze sich an einer Augenbraue: »So richtig nachgedacht haben wir darüber noch nicht.«
Das hatte Heintz schon erwartet. Philosophen eben: »Die TSA plant gerade einen Zeitzeichen Hypersender. Das ist technisch nicht so extrem aufwändig, wie es sich anhört. Damit hat man eine aktive Hypergleichzeitigkeit.«
»Hypergleichzeitigkeit?« kam die erstaunte Gegenfrage von Tamara. Sie klang, als hätte sie davon noch nie gehört. Ewut dagegen schon. Noch bevor Heintz etwas sagen konnte, grinste er: »Es gibt drei Arten von Gleichzeitigkeit: Die bürgerliche, bei man sich keine Gedanken machen muss, die relativistische, die Einstein erfunden hat und die Hypergleichzeitigkeit, die – hm, die -«
Hier kam ihm Heintz zu Hilfe:
»Gleichzeitigkeit hat etwas mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Information zu tun. Stell dir vor, es gäbe in Bayern noch so viele Dörfer wie früher® und du stehst auf einem Hügel, von dem aus du drei Dörfer sehen kannst. Sie liegen alle an einer langen geraden Straße, die von dir weg führt. Das erste Dorf ist 1km entfernt, das zweite 2km, und das dritte 3km. In jedem Dorf steht ein Kirchturm mit einer Uhr, die um ganz genau 12 Uhr Mittag schlägt. Es ist Mittag, du hörst die erste Uhr schlagen. Nach drei Sekunden schlägt die zweite, und nach weiteren drei Sekunden hörst du die dritte. Das war also nicht gleichzeitig. Oder etwa doch? Vielleicht hatten die Kirchturmuhren damals Sekundenzeiger, und wenn ja, dann steht der Sekundenzeiger der ersten Uhr auf 3 Sekunden nach Zwölf, wenn du sie schlagen hörst, bei der zweiten auf 6 Sekunden und bei der dritten auf 9 Sekunden. Wenn du am nächsten Tag in das mittlere Dorf gehst, hörst du die Glocke zu dem Zeitpunkt schlagen, in dem der Sekundenzeiger auf zwölf steht. Dann dauert es drei Sekunden, bis du die Glocken von Dorf eins und drei gleichzeitig hörst. So seltsam ist das mit der Gleichzeitigkeit.
Bei Einsteins relativistischer Gleichzeitigkeit verhält es sich genau so, nur dass die Informationen diesmal mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden. Kannst das Gedankenexperiment ja mit drei Raumschiffen wiederholen, die jeweils zehn Lichtminuten voneinander entfernt sind. Kompliziert wird es, wenn sich die Raumschiffe auch noch bewegen. Speziell, wenn die Geschwindigkeiten bei mehr als ein paar Prozent der Lichtgeschwindigkeit liegen. Aber um sich das zu veranschaulichen gibt es das Minkowsky Diagramm. Dann zur Kausalität. In diesem Diagramm stehen nur Ereignisse in kausalem Zusammenhang zueinander, wenn sie sich alle im Lichtkegel oberhalb der 45° Linie befinden. Der Grund ist: Mit Lichtgeschwindigkeit kann man keinen Ort in der Raumzeit unterhalb dieser Geraden erreichen.
Aber: Wenn man sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen kann, geht das sehr wohl. Wenn man sich ansieht, wie in unserem Universum Überlichtgeschwindigkeit funktioniert, sie eigentlich keine Geschwindigkeit, sondern ein instantaner Vorgang ist, kann man leicht beweisen, dass ein Antitelefon, also ein Gerät, mit dem man Informationen in die Vergangenheit senden kann, nicht möglich ist. Der Grund ist, dass bei Übertragungsgeschwindigkeiten gegen Unendlich die Lorentztransformationen kollabieren, also keine Übertragungszeit berechenbar ist. Das hätte bereits seit den 1930 Jahren bekannt sein müssen, als man den Hyperraum entdeckte, es aber nicht bemerkte. Und der ist bekanntlich nichts weiter als ein Null-Raum, also ein Raum ohne Metrik, der aufgespannt wird von verschränkten Zuständen von Teilchenpaaren. Hyperfunk nutzt solche verschränkten Zustände von Raumquanten, den Entires. Wenn man ein Hyperfunksignal erzeugt, beeinflusst es Verschränkungen bis zurück zur Inflationsphase am Beginn des Universums, also tatsächlich erst einmal zurück in die Zeit, was aber nur eine oder einige wenige Planckzeiten dauert, und dann wieder vorwärts in der Zeit, was ebenfalls nur einige Planckzeiten dauert. Sobald man aufhört zu senden, verschwindet die Verschränkung in Richtung fernster Zukunft. Daher kommt auch der winzige Nachhall, mit dem man eine Richtung zur Quelle des Hyperfunksignals bestimmen kann. Und da wir Physiker oft gefragt werden, ob man mit viel Hyperfunkverkehr oder vielen Transitionen nicht irgend wann den Hyperraum aufbrauchen könnte, hier die Antwort: Nein. Ein Kubikmeter Raum enthält 10 hoch 105 Raumquanten, und bis man die alle aufgebraucht hat, ist das Universum längst Geschichte. Von der aber dann niemand mehr weiß, da niemand mehr existiert.«
Ewut, sichtlich erschlagen: »Dann verletzt Hyperfunk oder die Transitionstechnik der Raumschiffe also nicht die Kausalität?«
Heintz grinste etwas schräg: »Nein. Das ändert nur unsere Vorstellung von Kausalität. Wie heißt es so schön? Die Hyperphysik ist die Fortsetzung der Quantenphysik mit noch verrückteren Mitteln.«
»Ja, dann«, wobei unklar blieb, wer das gesagt hatte.
*
Am 30. Oktober 2055 um 23:58h UTC schaltete die TSA, die Terranian Space Agency, einen starken Hypersender, stationiert auf Makemake, einem der transneptunischen Asteroiden, ein. Die Sendung begann mit:
»Dong dong dong DOOONG - Dong dong dong DOOONG - Hier ist Radio Terra - Hier ist Radio Terra - Dong dong dong DOOONG - Dong dong dong DOOONG.
Das ist der Zeitzeichensender von Radio Terra auf 1,573263GHz+j0,738234GHz. Wir übertragen alle 128 Sekunden die aktuelle Kennzahl der neuen Zeitrechnung. Die 17-stellige Zahl, gefolgt von der Kennung der Zeitrechnung USDU wird im ASCII Format in einer Geschwindigkeit von 300 Baud, 8 Bit und 1,5 Startbits sowie einem Stopbit übertragen. Anschließend folgt ein einsekündiger 440 Hz Ton, dessen letzte abfallende Flanke den Moment angibt, an dem die angegebene Zeit eintritt. Diese Information wird nach 1024 Zeitzeichen wiederholt.«
Es folgte das typische Geräusch eines antiken Modems, gefolgt vom Kammerton a`. Danach folgten 2 Minuten Pause, bis der Modemton wieder begann.
Die erste Zahl war übrigens 43551216957952106 USDU, und die letzte abfallende Flanke des 440 Hz Tons wurde am 31.Oktober 2055 um exakt 0h UTC gesendet. Damit hatte die neue Zeitrechnung begonnen. Die Menschen hatten bewiesen, dass sie sich nie mehr wieder von der Zeit jagen lassen würden. Alle, die das Signal empfingen, würden wissen: Den Menschen ist ein Licht aufgegangen."
Dann dachte er eine Weile nach. Etwas wehmütig weges des verlohrenen Freundes. Und es fiel ihm ein, dass sich schon Leute über das zweite "w" beschwert hatten, weil es eigentlich ein "v" sein müsste. Als er damals die Buchstaben derart umgebuxelt hatte, dass ein Name mit der selben Sprachmelodie wie "Obi Wan Kenobi" heraus kam, gefiel ihm das zweite "w" nicht, weil der Name dadruch arg nach Eva klang, was jetzt wirklich nicht passte. Um die Konsonantenharmonie einzuhalten entschied er sich in die Änderung in ein "v".
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Re: Reaktivierung
Also mit Geschichten bekomm ich die Leute nicht wach. Mal sehen, ob sie auf einen Witz reagieren. Also sprach er ins Mikrofon:
"Treffen sich zwei Mathematiker. Sagt der eine: Wir haben ein Epsilon entdeckt, das ist so klein, dass es negativ wird, wenn man es durch 2 teilt."
"Treffen sich zwei Mathematiker. Sagt der eine: Wir haben ein Epsilon entdeckt, das ist so klein, dass es negativ wird, wenn man es durch 2 teilt."
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Re: Reaktivierung
Nicht einmal mein Lieblingswitz hat es geschafft die Besatzung zu wecken. Was hätte wohl Hajo an meiner Stelle gemacht? Der hätte das Problem erst gar nicht gehabt, dazu hat er entschieden zu viel - wie heißt das gleich wieder? Karma? Nein - Charisma ausgestrahlt. Und das fehlt mir vollständig. Seufz.
Werde jetzt runter in die Funkbude gehen und sehen, ob ich irgend einen Radiosender rein bekomme. Mal sehen, was so los ist in der Welt.
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Re: Reaktivierung
Hm, stimmt ja. Die Mittelwellensender sind alle abgeschaltet worden, UKW reicht nicht bis zu uns und auf Kurzwelle sind nur Sender in Sprachen zu hören, die ich nicht verstehe. Jetzt hab ich erst mal keine Ideen mehr, was ich noch machen kann. Vielleicht tauchen wir am bessten erst mal wieder ab. Muss nur vorher nachsehen, ob die Batterien schon ganz nachgeladen sind.
Schaltet den Empfänger ab und geht gefrustet hinter in den Maschinenraum.
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Re: Reaktivierung
Der Commander meldet sich aus dem Tiefschlaf zurück! Lage gesichert, Besatzung wie gehabt im Hyperschlaf..
Ich fand den Steg immer gut, aber Sinn gemacht hat er nie. Wollte gern mal eine Point Of in 3Dsmax 4 nachbauen, leider nie geschafft. Heute vermutlich viel einfacher möglich..
Lese gerade mal wieder von vorn: Band 10: Fluchtpunkt M 53..
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Re: Reaktivierung
Yeah!
Da rührt sich was!
Schalom, Schlomo, der die Hoffnung nie aufgegeben hat, dass noch Hoffnung besteht
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