Eine Buchbesprechung.
Leider.
Als Hajo heute eine neue Serie im HJB Verlag angekündigt hat, war ich einen Augenblick lang über deren Titel verblüfft. „Stahlfront“ Das klang nicht gut in meinen Ohren. „Stahl“ und „Front“, noch dazu in Kombination, das waren neben „Blut“ und „Endlösung” mit die Lieblingswörter von Nazis. Das ließ nichts gutes ahnen.
Da ich Niemandem Unrecht tun will und der Name auch das Ergebnis eines etwas schusseligen Autors und eines sehr unaufmerksamen Lektors sein konnte, hab ich also die beiden Leseproben heruntergeladen. Eine kurze und eine lange.
Die Kurze beginnt mit ‚...Auftrag...Neutronenbombe über Schanghai abwerfen...’ Massenmord an 10 Millionen wehrloser Zivilisten? So ganz schnell und beiläufig in einem Nebensatz erwähnt? Mir schwant Übles. Und in dem Stil geht es auch sofort weiter: ‚Das gelingt, doch die Chinesen leisten erbitterten Widerstand...’ Soll man jetzt den Massenmörder bedauern, weil sich seine Opfer gegen ihre Ermordung wehren? Und das war erst die fett gedruckte Einleitung.
Der folgende Text liest sich wie die Mischung eines Readers Digest Artikels und eines 30er Jahre Roman von Hans Dominik. Durchaus professionell geschrieben, aber bei der Vorgeschichte? Mir schwant bereits, worauf das hinaus läuft. Die Verbrüderung des Massenmörders mit seinen unbekannten “Rettern”? Fragt sich, weshalb die nicht 10 Millionen Menschen gerettet haben, indem sie den Massenmord mit der Neutronenbombe verhindert haben, sondern offenbar auf Seite des Mörders stehen.
Fragt sich, wer Torn Chaines ist. Unter diesem Namen ist er bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Also ein Pseudonym. Und bei dem Text ahne ich auch schon, wieso.
Aber ich habe ja auch noch die lange Leseprobe downgeloadet.
Die beginnt mit:
Seite 6:
Und das beginnt mit „Bodenkampf’ als Titel des ersten Kapitels. Wer’s mag... Dann folgt die Ankündigung eines Atomkriegs zwischen China und den USA. ‚.. Der amerikanischen Präsidentin war so gut wie alles zuzutrauen…’ Wann spielt das? 2010? Also ist Hillary Clinton die Präsidentin. Sonst steht keine Frau zur Wahl. Wenn der Autor wirklich Amerikaner ist, was ich sehr stark bezweifle, grenzt das schon mal die Ecke ein, in der er zu suchen ist. Entweder Republikaner oder Anhänger der Milizen. Viel mehr kommt nach dem bisher Gelesenen schon nicht mehr in Frage. Aber Stil und Inhalt nach ist er ein Deutscher.
Seite 7:
‚...irgendweche nebulösen Interessengruppen…’ Also eine Verschwörungstheorie. Diesmal eine, die China und die USA in einen Atomkrieg schicken will? Sehr naiv.
Seite 8:
‚.. unter all den dunkelhäutigen Gestalten.. kam sich.. wie ein Fremder vor..’ Rassistische Scheiße. Der Autor wird mir von Zeile zu Zeile unsympathischer.
Und jetzt wird das verblödetste aller Klischees abgearbeitet: Die aggressiven ‘ausländischen’ Jugendlichen. Wieso hab ich plötzlich das dringende Bedürfnis, zu kotzen?
Seite 9:
‚.. unter Drogeneinfluß – Marihuana..’ Wie ungebildet ist der ‚Autor’ eigentlich? Leute, die unter dem Einfluss von Marihuana stehen, werden im Allgemeinen sehr ruhig, langsam und friedlich. Eine der wenigen Drogen, die aggressiv macht, ist Alkohol. Die bevorzugte Droge der Skinheads und Neonazis. Und DIE sind es, die man als wirklich aggressiv bezeichnen kann. Also wird hier die Klischee von den aggressiven, drogensüchtigen, ausländischen Jugendlichen weiter vertieft. Soll ich mal raten, wie es weiter geht? Der hochgewachsene, blonde, blauäugige ‘Herrenmensch’ wird gegen die ‘Untermenschen’ kämpfen, sie vernichtend schlagen und anschließend von der bösen bösen Obrigkeit eins auf den Deckel kriegen. Fehlt noch was? Ich denk, ich hab die Klischees der Nazis hier schon richtig wiedererkannt. Ja, es fehlt noch die Schlussfolgerung: Die ‚Ausländer’ und die Regierung (sowie deren Beschäftigte) sind der Feind, die anderen Nazis der Freund? – Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.
Seite 10:
Der erwartete Bullshit.
Seite 11:
Stichwort: ‚Fußballspielen’, beliebtes Infiltrationsgebiet von Nazis, ansonsten:
Der erwartete Bullshit.
Und noch dazu schlecht erzählt. Wenn man ‚Kanackerdeutsch’ schreiben will, sollte man es zumindest so gut kennen, dass nicht nur lächerlicher Bullshit dabei herauskommt.
Seite 12:
Sexualneid? Der ‚Herrenmensch’ kastriert einen ‚Untermenschen’? Gibt es jemand, der bei der Lektüre eines solchen Bullshits NICHT kotzen muss? Ansonsten:
Der erwartete Bullshit. Hat übrigens erstaunlich lange gedauert, bis die Obrigkeit zugeschlagen hat. Oder schindet der Schmierer, äh, Autor nur Seiten?
Seite13:
Der erwartete Bullshit.
Ansonsten: Natürlich sind auch die Polizisten dem ‘Herrenmenschen’ deutlich unterlegen.
Seite 14:
Der erwartete Bullshit.
Seite 15:
Hätte nicht erwartet, dass es eine Steigerung von Bullshit gibt. Wie verblödet ist der ‘Autor’ eigentlich? Und wie weltfremd?
Seite 16:
‚.. Niemand kämpft entschiedener gegen Rassisten und Ausländerfeinde als wir vom Verfassungsschutz…’ Langsam wird’s armselig.
Ah! Die böse Presse hab ich vorhin glatt vergessen.
Seite 17:
Wie tolerant! Der ‚Herrenmensch’ hat einen schwulen als Freund. Gab’s da nicht einmal bei den Neonazis einen schwulen Anführer, worauf bei denen die Diskussion startete ob ein ‘echter Deutscher’ schwul sein darf?
Seite 18:
Zumindest ein halbwegs versöhnlicher Abschluss. Wieso finde ich nur, dass das vorgeschoben und aufgesetzt wirkt?
Seite 19:
Das Kapitel heißt ‘Luftkampf’. Eine gewisse Phantasie in der Namensgebung kann man dem Autor nicht absprechen.
Mike? Etwa der spätere Massenmörder?
Hm ja. Nachvollziehbar. Sprachlich etwas holperig, aber wenn man bedenkt, an welche Zielgruppe sich der Text richtet...
Seite 20:
Aha. Die böse, kriegstreiberische Präsidentin...
Also, die Fußnoten. Offensichtlich ist dem Autor, dem Lektor oder wem auch immer sehr deutlich bewusst, wes Geistes Kinder die Leser der Zielgruppe sind.
Seite 21:
‚..Doch dieses Gefühl sollte er heute zum letzten Mal für viele Jahre spüren…’ Kein amerikanischer Autor schreibt so. Entweder hat sich der Übersetzer sehr am RD Stil orientiert und sehr frei übersetzt, oder... Und der Gedanke gefällt mir ganz und gar nicht.
Formosa-Straße? Wurden in den RD Romanen nicht auch die alten Begriffe aus der Kolonialzeit (Abessinien…) verwendet? Ich denk da an die Geschichten um die moslemischen Terroristen... So langsam befürchte ich, dass da irgend jemand so richtig ganz besonders gewaltig in die braune Scheiße getreten ist. Mich hat auf der Webseite schon die Geschichte vom ‚amerikanischen Autor, der in den USA keinen Verlag gefunden hat’ irritiert. Das klang mir so abgekupfert von der ‚Havarie im Hyperraum’, bei der Hajo als ‚Amerikaner Hagen A. MacLean’ mit Pseudonym aufgetreten ist. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, das Hajo dieses Machwerk hier verbrochen hat, aber die Methode der Pseudonymgenerierung scheint doch zumindest Verlagsbekannt zu sein. Hoffentlich irre ich mich.
‚.. die Schlitzaugen...’ Wie war das in Unital 5: ‚..die Schlitzis..’, ebenfalls eine Atomkriegs-Geschichte, die dann auf RD typische Art ein friedliches Ende gefunden hat. Und der Krieg in der Geschichte wurde von den blauen Nogk gesteuert, also von außerirdischen Verschwörern. Wenn die am Anfang erwähnten Verschwörer ebenfalls Außerirdische sind… Eigentlich möchte ich jetzt gar nicht weiter denken. Oder kannte Hajo das Manuskript dieser unsäglichen Geschichte hier und hat in Unital 5 eine Kolportage darauf eingebaut, um zu zeigen, dass es auch anders – friedlich – geht? Das würde meinen Eindruck der Ideenresteverwertung erklären. Und auch, wieso es nicht mit Aomon weiter ging. Oder fang ich gerade an, mir alles schön zu reden?
Seite 22:
Heftig! Wirklich sehr heftig! Zwar menschenverachtend, aber doch (leider) sehr realistisch. Und zumindest fehlen auf dieser Seite die rassistischen Klischees. Trotzdem: Mist.
Seite 23:
Spannend geschrieben, aber mir gefällt’s trotzdem nicht.
Seite 24:
Spannend geschrieben.
Seite 25:
Und schon wieder geht`s mit dem rassistischen Bullshit weiter..
Seite 26:
Und die nächste Verschwörungstheorie.
Mir fällt es wirklich schwer, diesen Mist zu lesen. Jetzt waren gerade einmal 2 spannende Seiten, schon geht es wieder mit Bullshit weiter.
Kaum denk ich, der Bullshit ist nicht mehr steigerungsfähig, schon kommt eine Steigerung. Insofern ist es doch ein überraschender Roman.
Seite 27:
Wie spannend doch menschenverachtend Scheiße sein kann.
Seite 28:
Also vom Stil her wird das ja von Seite zu Seite schwächer. Inzwischen ist der Autor bei einem Kleinkinderdeutsch angelangt, das vielleicht einem Vorschulkindergartenbilderbuch alle Ehre machen würde, aber für einen Roman ist das schon arg dürftig. Oder war das als Anpassung an die Zielgruppe gedacht?
Seite 29:
Ein wenig Pseudospannung zwischendurch.. Wenn es sprachlich wenigstens ein ganz klein bisschen anspruchsvoller währe.. Aber so ist es einfach nur öd.
Seite 30:
Das liest sich wie ein Kinderbuch. Recht viel simpler kann man doch gar nicht mehr schreiben. Zumindest bin ich mir jetzt sicher, dass da wirklich kein RD Autor dahinter steckt.
Seite 31:
Also ich hab vor 40 Jahren ein paar Schneiderbücher gelesen, die waren deutlich anspruchsvoller geschrieben als der Murx hier. Und die fand ich damals schon öd.
Seite 32:
Na ja. Zumindest sind die Opfer nicht ganz chancenlos. Ich frag mich jedoch immer mehr, was die ganzen Fußnoten sollen? Wieso schreibt der Autor nicht einfach, was er meint? Stil und Inhalt kann ich wirklich nur als ‚grottenschlecht’ bezeichnen. Ich frag mich auch, wer soll den Mist lesen? Das ist doch selbst für einen Durchschnittsneonazi zu primitiv geschrieben. Sollte die Zielgruppe etwa der Neonazinachwuchs sein? Oder hatte der Autor nicht genügend Verstand, um sich Gedanken über eine möglich Zielgruppe zu machen? Fragen über Fragen. Ich hoff, dass uns die Antworten erspart bleiben, weil: Wem interessiert der Mist?
Seite 33:
Weia. Aber es geht noch schlimmer: Die Sätze könnten auch aus nur Subjekt, Prädikat und Objekt bestehen. Obwohl? Ich trau es dem Autor durchaus zu, auf das Objekt auch noch zu verzichten…
Seite 34:
‚..Gravo..’ Wird der Begriff nicht ausschließlich bei PR verwendet? Kann mich nicht erinnern, ihn in den RD Büchern gelesen zu haben. Nur in den Heften.
Wahnsinn, ist der Roman schlecht geschrieben.
Seite 35:
Die Fußnoten sind wirklich lästig. So was von öd. Wieso schreib jemand so einen Scheiß?
Seite 36:
Aha. Der Autor hat sich aufgerafft, wieder etwas längere Sätze zu schreiben. Dann waren diese kurzen Wortaneinanderreihungen auf den letzten Seiten wohl der verzweifelte und sehr missglückte Versuch, doch etwas Spannung in den Murx hinein zu bekommen.
Seite 37:
Bin ja gespannt, wie lange die auf ‚Kampf’ endenden Wörter noch reichen...
Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt geht die rassistische Scheiße schon wieder weiter! Ich denk, jetzt wird`s mir endgültig zu blöd. Soll diesen elendigen Bullshit lesen wer will, ich hab keinen Nerv mehr dazu. Es ist jetzt zwei Uhr in der Nacht, aber ich bin auf 180. Um wieder herunter zu kommen, hör ich mir eine CD von den Klezmatics an, die ich vor zwei Wochen zum Geburtstag bekommen hab: “Rhythm + Jews” Einfach genialer Sound. Nach 30 Seiten verquasten braunen Bullshits übelster Machart und grottenschlechtem Stils brauch ich jetzt wieder etwas Richtiges. Ich weiß nicht, ob ich den Verriss morgen weiter schreibe, wahrscheinlich aber nicht, das Ganze ist einfach zu blöd, zu schlecht, zu langweilig, zu überfrachtet mit vollkommen verblödeten Rassistenklischees. Das brauch ich wirklich nicht zu haben.
Und ich versteh auch den HJB Verlag nicht. Wieso drucken die so eine Scheiße? Geht es dem Verlag so schlecht, dass er die Nazis als neue Kunden gewinnen muss? Das kann`s doch nicht sein. Da gefällt mit die Reaktion des Geschäftsführers des Dresdener Holiday Inn schon deutlich besser. Der hat die Typen hochkant `rausgeschmissen.
Mir ist jetzt kotzübel.
Schalom,
Schlomo