„Nächstes Jahr kommst du ins wahlpflichtige Alter, mein Junge – sprich: Es ist deine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, zur Wahlurne zu gehen, anderenfalls unterstützt du die Extremisten.“Charly de Café hat geschrieben:Wer nicht wählt, wählt automatisch Extremisten.
Vielleicht sollte man doch mal über Wahlpflicht nachdenken.
„Extremisten? Sind das nicht die, auf die Großvater damals immer geschimpft hat, weil sie während der Ratssitzungen strickten?“
„Nein, die heißen Grüne. Zugegeben, seinerzeit waren sie ein wenig, äh, anders als die üblichen Parteien, aber heute haben sie sich brav den Gegebenheiten angepaßt.“
„Und warum sollte ich sie dann noch wählen?“
„Sollst du doch gar nicht – du kannst wählen, wen du willst, das ist völlig egal. Hauptsache, du wählst überhaupt. Das ist ein Muß! Ginge es nach mir, würde ich die Wahlpflicht einführen. Dann würde hinter jedem Wähler ein Aufpasser stehen, um sicherzustellen, daß er nicht nur einen ungültigen Wahlzettel abgibt.“
„Und wenn ich absolut keine Partei gut finde?“
„Dann zwingt dich die Wahlpflicht, trotzdem zu wählen! Ausreden gibt es nicht. Wer überraschend am Wahlsonntag krank wird, ist verpflichtet, der Bezirksregierung ein ärztliches Attest vorzulegen! Und wer sich weigert, wird bestraft. Erst Geldbußen, dann Knast!“
„Klingt hart.“
„Hast recht, mein Junge, man sollte zumindest den Ersttätern unter den Nichtwählern die Möglichkeit bieten, ihre Gefängnisstrafe abzuwenden. Ich dachte da an spezielle Erziehungskurse, die von geschulten Regierungsvertretern durchgeführt werden. Wer den Kurs besteht und von da an wie das übrige Stimmvieh ohne zu muhen zur Wahl geht, wird wieder in die Riege der anständigen Bürger aufgenommen.“
„Wahlzwang, Aufpasser, Attest, Bestrafung, Erziehung... Das hört sich für mich nur nach einem an: nach Einschränkung meiner persönlichen Freiheit. Und damit soll man die Extremisten verhindern? Ich würde sagen, die hätten dann längst gewonnen, auch ohne daß sie gewählt wurden.“
„Blödsinn! Was verstehst du schon von Politik?“