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von Schlomo Gross » 10. Nov 2005, 21:13
Sandra Held hatte inzwischen eine ihrer beiden Expeditionskisten geöffnet und ein Teleskop aufgebaut. Frijda half ihr dabei. „Mit dieser Sonne stimmt etwas nicht. Wenn das ein Zwergstern der Spektralklasse M währe, die Farbe spricht ja dafür, dann müsste dieser Planet so nahe am Stern sein, dass dieser die Fläche von mindestens 100 Vollmonden hätte, damit es hier so warm sein kann.” Frijda hatte einen Einwand: „Vielleicht ist ja ein roter Riese, der weit weg ist?“ „Auch dann währe es hier sehr kalt. Der müsste ungefähr den halben Himmel einnehmen. Aber sehen wir uns erst einmal das Spektrum an.“ Sie richtete das Teleskop auf die Sonne, schaltete die Kamera mit dem eingebauten Spektralanalysator ein und wartete ein wenig. Nach wenigen Sekunden piepte das Gerät kurz und Sandra las das Ergebnis ab: “M5 V. Also ein sehr kleiner Hauptreihenstern. Da die alle ungefähr gleich groß sind, kann man aus seinem Winkeldurchmesser grob auf die Entfernung schließen.” Sie bearbeitete die winzige Tastatur am Rechner des Teleskops und meinte: „Aha, er ist etwa 13 astronomische Einheiten weit entfernt. Im Sonnensystem entspricht das grob der Entfernung Sonne – Saturn.“ „Und was heißt das????” „Es muss hier noch eine zweite Sonne geben, und die ist offenbar noch unter dem Horizont, vermute ich mal. Wenn die aufgeht, wird`s hier womöglich tierisch heiß. Es kann aber auch durchaus sein, dass es hier ein paar Stunden Nacht gibt, bis die hypothetische andere Sonne aufgeht.”
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Karlo hatte es sich auf den ehemals blauen Sitzen des Liftes bequem gemacht, was diesen erstaunlicherweise nicht einmal störte, zumindest bewegte er sich nicht und hatte sogar aufgehört zu zetern . Die Farbe konnte man zwar momentan nicht erkennen, aber mit Blautönen haben es Katzen je eh nicht so. Irgend etwas gefiel Karlo an diesem Planeten nicht. Es roch so komisch. In großer Entfernung hörte er Tiere fauchen, aber sie waren so weit weg, dass er sie kaum wahr nahm. Von seinem Platz aus beobachtete er den Aufbau des Lagers. Er mochte diese Hektik nicht besonders, aber von einem sicheren Ort aus sah er gerne zu. Und der etwas abseits stehende Lift war ein solcher Ort.
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Aufgeschreckt von lauten Rufen löste Schlomo seinen grübelnden Blick von den Fußabdrücken, blickte hoch und sah gerade noch, wie eine dunkle Gestalt weglief. „Wer war denn das? Hat ihn jemand erkannt?“ Während er das fragte, schoss ihm ein alter Gedanke durch den Kopf ‚Ich muss mir unbedingt mal eine bessere Brille beschaffen...’
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Golem hatte inzwischen angeordnet, dass sich die Bauroboter kreisförmig um das Lager aufstellten. Das sollte eine gewisse Sicherheit gegen unangenehme Überraschungen in der Nacht gewährleisten. Die Kartuschen mit dem kostbaren Wasser, hier schien es keine natürlichen Vorkommen davon zu geben, zumindest nicht in der Nähe, hatte er im Zentrum des Lagers aufstellen lassen. Direkt daneben lag der noch nie eingeschaltete wojidische Masterchecker. Hätte Golem terranische Kühlschränke gekannt, währe vor ihm dessen verblüffende Ähnlichkeit mit einigen Sechzigerjahrevertretern dieser Spezies sicher nicht verborgen geblieben. Seit ihrer Ankunft auf dem Planeten waren nun bereits mehrere Stunden vergangen, die Tage schienen kürzer zu sein als auf der Erde, die Sonne stand inzwischen nur noch zwei Handbreit über dem westlichen Horizont. Trotzdem wurde es im Osten nicht dunkler, Golem hatte sogar den Eindruck, dass es dort eher etwas heller aussah als im Westen.
Schalom,
Schlomo