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von Schlomo Gross » 4. Nov 2005, 22:02
@John Charlie Brown: Hm, wo soll ich anfangen? Also, es geht um Aussagelogik. Das beste wird sein, Du beschaffst Dir ein Buch zum Thema ‚formale Logik’. Du findest dazu aber auch einige Artikel in Wikipedia. Bei den Büchern solltest Du vorsichtig sein, ‘Einführung’ bedeutet hier nicht zwangsläufig, dass es leicht zu verstehen ist. Das simpelste, was ich hier hab ist ein altes Bertelsmann Lexikon ‚Rechnen und Mathematik’, der Inhalt ist aber wirklich sehr mager. Im `Teubner-Taschenbuch der Mathematik`, der Neuauflage des Bronstein, Semendjajew findest Du etwas mehr, aber auch nicht wirklich viel. Das andere Zeug, das ich zum Thema herumliegen hab, wird Dir nicht viel nützen, die meisten Titel sind eh längst vergriffen und zudem schwer zu lesen (für die ‘Einführung in die formale Logik` hab ich mal fast 2 Monate gebraucht…) Aber es gab mal von den McGraw-Hill Books eins mit dem Titel ‚Logics` in der Reihe Schaum. Das war tierisch gut und ist, soweit ich mich erinnere, auch ins Deutsche übersetzt worden.
Ich erklär einfach mal ganz kurz die Begriffe, die ich verwendet hab, dann kannst Du bei Wiki oder auf den Seiten der Hochschulen, die z.B. einen Informatik Lehrstuhl haben, weiter lesen.
Syllogismen:
Es geht um die Beschreibung von Aussagen durch Mengen. Die Aussagen liegen dazu als prädikative Aussageformen mit Quantoren vor. Es gibt 2 Quantoren, den Allquantor und den Existenzquantor, zusammen mit ihren Negationen also 4 verschiedene Quantoren. Den Allquantor schreibt man als A, das auf dem Kopf steht, den Existenzquantor als spiegelverkehrtes E, die Negation entweder mit dem Negationszeichen oder einfach als ! wie in C. Eine Aussageform ist dann zum Beispiel: S A P (sprich: Alle S sind P) oder S A! P (es existieren einige S, die nicht P sind)(für `es existieren einige` kannst Du auch sagen `mindestens ein`). (Vorsicht: Manche Autoren verwenden E! in der Bedeutung: `es existiert genau ein..`) In vereinfachter Schreibweise ersetzt man das A durch a, das E durch i, das A! durch o und E! durch e
Damit erhält man 4 verschiedene Aussageformen: .
S a P : Alle S sind P
S o P : Einige S sind nicht P
S i P : Einige S sind P
S e P : Kein S ist P
S nennt man Subjekt und P Prädikat.
Wenn Du S und P als Mengen betrachtest, sind die Aussageformen die 4 möglichen Schnittmengen dieser beiden Mengen.
Syllogismusfiguren:
Das sind Schlussregeln, die aus 2 Aussageformen, den Prämissen und einer dritten Aussageform, der Konklusion, dem Schluss aus den beiden Prämissen, bestehen. In den beiden Prämissen gibt es einen Mittelbegriff Q, der als Subjekt und/oder Prädikat auftritt, aber in der Konklusion nicht vorkommt. Wie Du leicht ausprobieren kannst, sind damit 4 Syllogismusfiguren möglich:
1.Figur:
Q * P : 1.Prämisse
S * Q : 2.Prämisse
S * P : Konklusion
2.Figur
P * Q
S * Q
S * P
3.Figur
Q * P
Q * S
S * P
4.Figur :
P * Q
Q * S
S * P
Der * wird ersetzt durch a, o, i, e. Damit gibt es also 256 verschiedene Syllogismusfiguren. Als Mengen darstellbar sind jedoch nur 19. Und die werden als Modi bezeichnet. Die `gültigen` Modi sind:
1.Figur: aaa, eae, aii, eio
2.Figur: eae, aee, eio, aoo, aai, eao
3.Figur: aii, eio, iai, oao, aai, eao
4.Figur: aee, eio, iai, aai, eao
Die Namen der Modi erspar ich Dir..
Beispiel:
Q a P
S a Q
S a P mit S : Sokrates, P : ist sterblich und Q : Mensch
Alle Menschen sind sterblich
Sokrates ist ein Mensch
Sokrates ist Sterblich
(Beachte: es entsteht keine neue Information, die war bereits in den Prämissen enthalten.)
Es gibt damit also 237 ungültige Modi, die sich nicht als Mengen darstellen lassen.
Aber: (VERMUTUNG:) Man kann Antinomien mit Hilfe dieser ungültigen Modi darstellen.
Antinomie:
Das ist die Bezeichnung für: `ein nicht auflösbarer Widerspruch`. Die Mathematik ist voll davon. Daher betrachten auch sehr viele Leute einen Beweis durch Widerspruch NICHT als mathematisch gültigen Beweis. Würde man diese Beweismethode zulassen, könnte man beweisen, dass die Mathematik nicht existiert.
Bekannte und beliebte Antinomien sind:
Die Russelsche Antinomie: Sei M die Menge, die alle Mengen enthält, die sich nicht selbst als Teilmenge enthalten. Der nicht auflösbare Widerspruch ist: Wenn M sich selbst enthält, dann enthält M eine Menge, die sich selbst als Teilmenge enthält. Das steht im Widerspruch zur Definition von M. Wenn M sich jedoch nicht enthält, dann ist M eine Menge, die sich nicht selbst als Teilmenge enthält und muss per Definition von M in M enthalten sein… Das Spiel kannst Du endlos weiter spinnen. Es gibt keine Auflösung.
Andere Beispiele:
Die Antinomie von Burali-Forti: Die Gesamtheit aller Ordinalzahlen ist keine Menge.
Die Antinomie von Cantor: Die Gesamtheit aller Kardinalzahlen ist keine Menge.
(Möcht ich jetzt nicht näher beschreiben, aber es gibt massenhaft Literatur dazu…)
Fazit und Anwendung:
Wenn man im Universum Überlichtgeschwindigkeiten zulässt, aber die Lichtgeschwindigkeit als maximale Geschwindigkeit der Informationsausbreitung annimmt, dann kommt man unweigerlich zu Szenarien, die sich nicht mit den Methoden der Mengenlehre (und damit der Logik) beschreiben lassen. In einem solchen Universum treten zwangsläufig Antinomien auf. Spiel einfach mal das Beispiel mit der Schallgeschwindigkeit durch...
Schalom,
Schlomo