Um zu verstehen, wieso die Masse eines bewegten Körpers größer ist als seine Ruhemasse muss man sich die elementare Grundidee der Relativitätstheorien ansehen. Dann wird das auch ganz einfach, einleuchtend und leicht verständlich.
Also: Die Grundannahme ist:
1. Im ganzen Universum gelten für jeden Beobachter die gleichen physikalischen Gesetze. Und zwar unabhängig davon, wo und wann der Beobachter sich aufhält und auch unabhängig davon, was er gerade macht. Es spielt also keine Rolle, ob er gemütlich in seinem Labor herumlungert oder mit fast Lichtgeschwindigkeit durchs Weltall düst. Überall gelten die selben physikalischen Gesetze.
Man nennt es: „Das Universum ist homogen und isotrop.“
2. Jetzt wird es etwas komplizierter: „Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist konstant.“
Die Forderung nach einer Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit erscheint im ersten Moment vielleicht nicht zwingend, wenn man darüber nachdenkt ist sie es aber. Sie ist sogar die Vorraussetzung für die erste Forderung. Ein gutes Vergleichsmodell ist die Schallgeschwindigkeit: Die ist ebenfalls konstant (Abhängigkeiten von Luftdruck, Temperatur, Zusammensetzung der Luft u.s.w. lassen wir der Einfachheit halber mal weg) und unabhängig von der Geschwindigkeit der Schallquelle. Wenn die Feuerwehr mit eingeschalteter Sirene an einem vorbei düst, dann erlebt man eine Änderung der Frequenz des Schalls, den Dopplereffekt. Und den gibt es bei Licht auch.
Das bedeutet, wenn aus einer bewegten Quelle Schall oder Licht kommt, ändert sich nicht dessen Geschwindigkeit, sondern dessen Frequenz. Eine recht brauchbare Beschreibung
http://de.wikipedia.org/wiki/Dopplereffekt steht in Wikipedia.
Woher weis man jetzt, dass die Änderung der Frequenz vom Dopplereffekt und nicht von einer geänderten Lichtgeschwindigkeit kommt? Das kann man messen. Licht hat, abhängig von der Wellenlänge, eine Energie und einen Impuls. Den Impuls eines Photons – eines „Lichtteilchens“ – kann man zum Beispiel mit einer Lichtwaage, einer Art Lichtmühle messen. Stellen wir uns folgendes Gedankenexperiment vor: Wir nehmen eine Lichtquelle, die rotes Licht mit einer Wellenlänge von 634 nm abstrahlt. Jetzt stellen wir die Lichtquelle vor eine Lichtwaage und messen den Impuls der Photonen. Wir erhalten einen Wert von 1e-27 Ns. Dann setzen wir die Lichtquelle auf einen extrem schnellen Schlitten, stellen die Wellenlänge so ein, dass der Beobachter trotz des Dopplereffektes wieder rotes Licht sieht und messen wieder den Impuls der Photonen. Wenn jetzt „schnelleres“ rotes Licht ankommt, sich also die Geschwindigkeit des Schlittens zu der des Lichts addiert, müsste unser schnelles rotes Licht also einen größeren Impuls als das normale rote Licht haben.
Und was zeigt die Messung? Wieder nur 1e-27 Ns. Das rote Licht aus der auf uns zurasenden Lichtquelle hat also auch nur die einfache Lichtgeschwindigkeit drauf...
So, damit haben wir bereits alles, was wir wissen müssen. Sehen wir mal, wie sich ein Universum mit diesen beiden Eigenschaften (Isotropie und konstante Vakuumlichtgeschwindigkeit) verhält.
Für kleine Geschwindigkeiten kann man die Teilgeschwindigkeiten einfach (vektoriell) addieren, aber – wie im Gedankenexperiment gesehen – funktioniert das nicht, wenn man sich mit Geschwindigkeiten im Bereich der Lichtgeschwindigkeit befasst. Da muss man die Lorentz Transformationen
http://de.wikipedia.org/wiki/Lorentz-Transformation verwenden. Die haben – unter anderem – eine interessante Eigenschaft: Man kann so viel an Geschwindigkeiten addieren wie man will, das Ergebnis wird nie größer als die Lichtgeschwindigkeit.
Wieso erwähn ich das? Damit jeder das folgende selbst nachrechnen kann. Zum intuitiven Verstehen der Relativitätstheorien braucht man es erst einmal nicht. Interessant ist es nur für die Leser, die es vorziehen, selbst nachzurechnen...
Starten wir wieder ein Gedankenexperiment: Wir haben einen Raumfahrer, der in seiner Rakete mit 98% der Lichtgeschwindigkeit durch die Gegend düst. Da er sehr experimentierfreudig ist, beschließt er, alles was er über die Relativitätstheorien weis auszuprobieren.
Er nimmt als erstes seine Taschenlampe, leuchtet nach vorne aus dem Fenster. Der Lichtstrahl rast genauso schnell wie immer weg. Er probiert das auch noch zu den Seitenfenstern und zum Rückfenster aus. Jedes mal das selbe Ergebnis: Der Lichtstrahl verhält sich genauso, wie er es aus seinem auf der Erde ruhenden Labor her gewohnt ist. Und da Raumschiffe üblicherweise mit massenhaft Hightech Geräten ausgerüstet sind, holt er sich einen Geschwindigkeitsmesser für Licht aus seiner Werkzeugkiste und misst nach, wie schnell das Licht aus seiner Taschenlampe wirklich ist. Nach einer halben Stunde hat er herausgefunden: Es ist in jeder Richtung, in die er leuchtet, gleich schnell: Es bewegt sich – hatte jemand etwas anderes erwartet? – genau mit Lichtgeschwindigkeit.
Als er wieder auf der Erde landet, berichtet sein Assistent, der den Flug vom Labor aus beobachtet hat, dass das Licht der Taschenlampe sich nur ganz langsam aus dem Frontfenster heraus vor der Rakete bewegt hat, nur mit 2% der Lichtgeschwindigkeit die Rakete überholt hat.
Was im krassem Widerspruch zur Messung des Raumfahrers steht. Er denkt kurz nach und kommt auf die Idee, dass das mit der Zeitdillatation
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitdilatation zu tun haben muss. Da er mit 98% der Lichtgeschwindigkeit geflogen ist, verging die Zeit für ihn nur 0,2 mal so schnell wie im ruhenden Labor. Nur hat sein Assistent behauptet, das Licht seiner Taschenlampe sei noch 10 mal langsamer gewesen? Da fiel ihn siedendheiß ein, es gibt ja auch noch die Längenkontraktion
http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4ngenkontraktion. Bei 98% der Lichtgeschwindigkeit ist 1 Meter auf 20 cm geschrumpft. Wenn man Zeitdilatation und Längenkontraktion berücksichtigt, kommt man auf 4%! Aber sein Assistent hatte doch von 2% gesprochen?
Unser Raumfahrer hatte bisher nicht bedacht, dass er auch die Messmethode, mit der er die Geschwindigkeit des Lichts seiner Taschenlampe bestimmt hat, untersuchen muss. Auch sein Messgerät war in Flugrichtung Längenkontrahiert, wodurch er eine um den Faktor 2 niedrigere Geschwindigkeit messen musste. Das war also sein persönliches Trouton-Rankine-Experiment
http://de.wikipedia.org/wiki/Trouton-Rankine-Experiment gewesen: Er hatte festgestellt, dass er als mitfliegender Beobachter nichts von der Längenkontraktion bemerken konnte. Von der Zeitdilatation auch nicht.
Was unser Raumfahrer hier beobachtet, ist das Relativitätsprinzip
http://de.wikipedia.org/wiki/Relativit%C3%A4tsprinzip. Und das geht noch viel weiter. Als er auf einem seiner nächsten Flüge auf einen merkwürdigen Planeten traf, der mit 98% der Lichtgeschwindigkeit durch das Weltall flog, überlegte er, ob er auf ihm landen sollte. Er war fast so groß wie die Erde, sollte also auch in etwa die selbe Oberflächenbeschleunigung haben.
Als er den Planeten von weitem an sich vorbeizischen sah, dachte er einen Moment lang, es sei ein Scheibenplanet, denn in Flugrichtung war er an der dicksten Stelle nur 2000 km dick, senkrecht zu seiner Flugrichtung maß er jedoch 10000 km. Unser Raumfahrer gab kräftig Gas, bis er genauso schnell war wie der Planet. 98% der Lichtgeschwindigkeit, wie sein Tachometer anzeigte. „Wie praktisch...“ dachte der Raumfahrer, „..damit lässt sich leicht rechnen. Denn der relativistische Faktor beträgt hier recht genau 0,2“ Man sollte dazu wissen, dieser Faktor ist die Wurzel aus 1 minus v Quadrat durch c Quadrat.
Als er wieder aus dem Fenster sah, merkte er, dass der Planet doch kugelförmig war, mit einem Durchmesser von 10000 km. Und er verstand, dass er sich jetzt im selben Inertialsystem
http://de.wikipedia.org/wiki/Inertialsystem befand wie der Planet, er also von der Längenkontraktion nichts mehr mitbekam.
Wie war das jetzt mit der Masse? Da die Herleitung der Eigenschaften von Masse und Energie doch ein wenig Mathe voraussetzen, ging er schnell ins Internet und las den entsprechenden Wiki Artikel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Massenzunahme.
Demnach war die Masse eines Körpers, der sich mit 98% der Lichtgeschwindigkeit bewegt 5 mal so hoch wie seine Ruhemasse. (Ruhemasse mal 1 / relativistischen Faktor) Und was war dann mit der Schwerkraft? War die jetzt auch größer, etwa gar um den Faktor 5?
Wie war das mit der Oberflächenbeschleunigung
http://de.wikipedia.org/wiki/Oberfl%C3% ... hleunigung? Wenn man die Masse verfünffacht, verfünffacht sich auch die Oberflächenbeschleunigung. „Au, Mist.“ Dachte der Raumfahrer, „Dann wird das sehr anstrengend auf dem Planeten...“, aber dann erinnerte es sich wieder an die Zeitdilatation. Auf dem Planeten musste die Zeit ja 5 mal langsamer ablaufen als in seinem ruhenden Labor. Wenn also auf dem Planeten ein Apfel vom Baum fiel – was unserem Raumfahrer doch für sonderbare Beispiele einfallen – würde er zwar 5 mal so stark vom Planeten angezogen, aber er würde wegen der Zeitdilatation auch 5 mal so langsam fallen. Fazit: Der Apfel fällt auf dem mit 98% der Lichtgeschwindigkeit dahinrasenden Planeten genauso schnell zu Boden wie auf dem ruhenden Planeten. An der Schwerkraft auf dem Planeten ändert sich durch seine Geschwindigkeit nichts. Das Relativitätsprinzip gilt also auch hier.
Also konnte der Raumfahrer problemlos landen, in der örtlichen Kneipe eine Kleinigkeit mampfen und musste dann doch noch eine von Einsteins alles entscheidenden Entdeckungen am eigenen Leib erfahren: Die Geschwindigkeit, mit der die Zeit abläuft, hängt wirklich ganz entscheidend davon ab, auf welcher Seite der Klotür man steht….
Schalom,
Schlomo